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Fina

Posted on 12.7.2022

Gestaltung: Der Carlsen Verlag hat Covergestaltung einfach drauf, deshalb wurde ich optisch von "Nichts wird wie vorher sein" auch wieder mal direkt gecatcht. Die Sturmhaube auf der Vorderseite, die blutige Schrift und die interessante Anordnung des Textes sind einfach ein Blickfang. Doch auch die Rückseite des Cover überzeugt, da hier die Namen der Protagonisten in Szene gesetzt werden, was ich insbesondere bei dem Thema des Terroranschlags wichtig finde- den Opfern eine Plattform zu geben. Rundherum ein absolut gelungener Thriller, der sich ganz wunderbar in meiner Sammlung macht. Darum geht's: Eigentlich sollte das jährliche Festival in der Kleinstadt ein gemütliches Spektakel für Jung und Alt sein. Doch als plötzlich Schüsse fallen und das Publikum merkt, dass es sich dabei nicht um das Feuerwerk handelt, rennen plötzlich alle um ihr Leben. Wir begleiten fünf Jugendliche in den furchtbarsten Stunden ihres Lebens, in dem jede Sekunde ihre letzte sein könnte. Werden sie es schaffen, den Terroristen zu entkommen? Eins ist klar: Nichts wird wie vorher sein. Idee/ Umsetzung: Ich habe schon ein paar Jugendbüchern über Amokläufe, Raubüberfälle und andere Gewalttaten gelesen, ein terroristischer Anschlag war bisher noch nicht dabei. Obwohl ich bisher insbesondere gerne in die Psyche der Täter*innen eingedrungen bin, finde ich es von Autorin Sera Milano einen genialen Schachzug, hier die Opfer berichten zu lassen, denn das kann auch in der Realität dazu beitragen, dass solche Anschläge bestenfalls weniger werden: Wenn die Täter*innen sich nicht als Helden präsentieren können und die Opfer eine Stimme bekommen, dreht sich das Machtverhältnis. Wir begleiten hier fünf Jugendliche, die sich alle auf der Festivalwiese befunden haben, als der Anschlag begann. Das ganze ist quasi die Zeugenvernehmung im Nachgang zu dem Anschlag. In schnellen Wechseln bekommen wir die unterschiedlichen Perspektiven mit, was eine unfassbare Dynamik und Spannung in die Geschichte bringt, ich selber habe mich beim Lesen total getrieben gefühlt. Zwischendrin haben wir sogar noch Berichte aus der Sicht von Polizisten, die währenddessen versuchen, Herr der Lage zu werden, was auch sehr spannend war. Der Schreibstil ist für ein Jugendbuch absolut angemessen, aber nicht minder intensiv. Es kamen trotz kurzer Sätze und Abschnitte viele Emotionen beim Lesen rüber, das hat die Autorin großartig gemacht. Figuren: Zu den Figuren lässt sich sagen, dass ich bei fünf Erzählperspektiven etwas skeptisch war, oft kommt bei so vielen Stimmen die Nähe zu den Figuren zu kurz, oder ich kann die Figuren nicht ausreichend auseinanderhalten. Hier war das zum Glück nicht der Fall, die Autorin hat den zwei Jungen und drei Mädchen mit wenigen Worten eine starke Persönlichkeit eingehaucht und trotz des Fokus auf den Anschlag auch noch die Beziehungen untereinander und das Ansehen in der Highschool miterzählt. Ich kam zu keiner Zeit durcheinander und konnte meistens sogar an der Art, wie die Situation aus der Ich-Perspektive geschildert wurde, erkennen, durch wessen Augen wir gerade schauen - wahnsinnig! Handlung: Die Handlung erzählt den Ablauf des kompletten Terroranschlags - vom ersten Schuss, bishin zu der Rettung der Überlebenden. Auf der Rückseite des Buches wird die Geschichte mit einem Kammerspiel verglichen, was hinsichtlich des Schauplatzes ganz gut passt. Die Geschichte spielt sich auf dem Festivalgelände ab, es gibt ein Gebäude, in dem viele Menschen Schutz suchen, und die umliegende Umgebung samt Fluss und Gartenanlage. Bei Filmen bin ich meist kein großer Fan von Kammerspielen, weil mir Abwechslung fehlt, das war hier überhaupt kein Problem. Dadurch, dass die Figuren auch immer mal wieder an bestimmten Orten aufeinandertreffen, getrennt werden usw. entsteht viel Dynamik und keine Eintönigkeit der Schauplätze. Lediglich im Mittelteil gab es mal einen Abschnitt, den ich nicht ganz so mitreißend fand, und in dem die rasante Geschichte ein bisschen ins Stocken kam. Alles andere war wunderbar konstruiert und auch dramaturgisch einwandfrei erzählt. Ende: Zum Ende der Geschichte verrate ich wieder nicht allzu viel, außer, dass es mich emotional nochmal total mitgerissen hat und ich es spannend fand zu sehen, was direkt und einige Wochen und Monate nach dem Anschlag passierte. In dieser Geschichte brauchte ich diesen Blick in die Zukunft unbedingt, um einen hoffnungsvolleren Blick zu bekommen und mit der schweren Thematik abschließen zu können. Das Nachwort der Autorin sollte man unbedingt auch mitlesen, um ein besseres Verständnis für die Intention hinter der Geschichte zu bekommen. Fazit: "Nichts wird wie vorher sein" ist die Geschichte eines Terroranschlags, der ausschließlich aus der Sicht der Opfer geschildert wird. Diese ungewöhnliche Erzählperspektive eröffnet uns Leser*innen eine sehr intensive, emotionale Sichtweise auf die Tat und hat mich sehr mitgerissen. Wer die Thematik interessant findet und sich dies als Ausgangspunkt für einen Thriller vorstellen kann, der sollte unbedingt zu diesem Buch greifen.

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