stefan182
Den Inhaltsteaser zu „Alice im Wunderland“ spare ich mir dieses Mal. Die Geschichte über das Mädchen, das dem Weißen Kaninchen ins Wunderland folgt, kennt wahrscheinlich jede*r – zumindest in Grundzügen – aus verschiedenen filmischen Adaptionen. Erzählt wird „Alice im Wunderland“ von einem auktorialen Erzähler. Alice ist eine spannende Figur: Einerseits ist sie noch kindlich-naiv, andererseits hat sie – im Vergleich zu den schrägen Wunderland-Figuren – eine gewisse Weitsicht und Schläue. Oftmals spiegelt sie den Wunderland-Figuren deren absurdes Verhalten, was zu einigen komischen Szenen führt. Die Handlung dreht sich um die Abenteuer, die Alice im Wunderland erlebt. Diese werden in einer episodischen Struktur erzählt: Meist stolpert Alice von einem Abenteuer in das nächste – absichts- und ziellos. Da jedes Abenteuer losgelöst von dem anderen ist, kommt es zu einem häufigen Wechsel des Handlungsortes bzw. des Figurenpersonals. Drei Momente durchziehen allerdings die gesamte Handlung von „Alice im Wunderland“. Zunächst ist das ganze Buch unheimlich phantasievoll: Die seltsamsten Geschöpfe treten an den ungewöhnlichsten Orten auf. Weiterhin zeichnet sich „Alice im Wunderland“ durch einen besonderen Humor auf. Dieser zeigt sich einerseits in den Gesprächen zwischen Alice und den Wunderland-Figuren, in denen permanent mit der Lücke zwischen Alices von Rationalität geprägter Welt und dem Wunderland, in dem wenig logisch verläuft, gespielt wird. Auf der anderen Seite findet sich aber auch Humor, der aus unserer heutigen Perspektive nicht mehr so leicht verständlich ist (so werden Gedichte verballhornt, die zur Zeit von Lewis Carroll bekannt waren. Generell hatte ich das Gefühl, dass durch die zeitliche Distanz der besondere Witz einzelner Szenen verloren gegangen ist.) Zuletzt zeichnet sich „Alice in Wunderland“ durch einen Hang zum Non-Sens aus. Wenig macht hier Sinn: Alice Weg durchs Wunderland ist durch Zufall bestimmt, Alice und die Wunderland-Figuren reden fast permanent aneinander vorbei und mehrere Figuren sind schräg. Dieser Non-Sens ist es, der – damals wie heute – den besonderen Reiz von „Alice“ ausmacht. „Alice in Wunderland“ will unterhalten, die Lesenden in ein wunderreiches Land entführen, und nicht moralisch belehren. Die Ausgabe des Insel Verlags ist ausgestattet mit den originalen „Alice“-Illustrationen von John Tenniel. Abgerundet wird die Ausgabe durch ein Nachwort von Christian Enzensberger, der kurz in Leben und Werk von Lewis Carroll/Charles Lutwidge Dodgson einführt.