sommerlese
Der Roman "Die Liebenden von Bloomsbury – Virginia und die neue Zeit" von Stefanie H. Martin ist der Auftakt der Bloomsbury-Saga, die im Aufbau Taschenbuchverlag erscheint. London, 1903: Virgina Woolf gründet mit ihrer künstlerisch begabten Schwester Vanessa und ihren Brüdern eine Wohngemeinschaft in Bloomsbury. Virginia möchte nur eines, schreiben und damit neue Wege begehen. Aber in der Gesellschaft ihrer Zeit erwartete man von ihr, dass sie heiratet und nicht als ledige Frau ein Leben in Freiheit führt. In der Bloomsbury Group konnte sie sich in Diskussionen über Literatur, Wissenschaft und Kunst mit Intellektuellen austauschen und so weiter entwickeln. Virginia Woolf gilt als Ikone der literarischen Moderne und trat für ein gesellschaftliche Veränderungen, insbesondere das Frauenrecht und ein selbstbestimmtes Leben der Frauen ein. Die Bloomsbury Group, benannt nach einem Stadtteil Londons, umfasste einen Kreis von Literaten und Intellektuellen, die sich dem freien Denken hingaben und gegen die bestehenden gesellschaftlichen Vorstellungen auflehnten, den Imperialismus und die Tabuisierung der Sexualität hinterfragten. Zu dieser Gruppe gehörten berühmte Personen wie Lytton Strachey, der Maler Duncan Grant, der Ökonom John Maynard Keynes und auch Virginia Woolf. Dieser Roman ist der Auftakt zu einer dreiteiligen Reihe, er beschreib die Anfänge der Bloomsbury Group zwischen 1903 bis 1909. Wir erleben an Virginias Seite die Gründung der Gruppe, nehmen teil an Gesprächen und Diskussionen und erleben eine Frau, die ihr Leben dem Schreiben widmen möchte und mit dem gesellschaftlichen Zwang einer Heirat hadert. Die weltoffene Ansicht des Zirkels eröffnete ihr freigeistige Eindrücke, die sich in ihren Essays widerspiegeln. Stefanie H. Martin stellt in ihrer Romanbiografie Virginia Woolf in den Mittelpunkt. Wir erleben die historischen Ereignisse der Zeit, tauchen in Virginias Gedanken und Gefühle ein und spüren, wie sehr ihr die Schriftstellerei am Herzen liegt. Sie ist ein Vorbild ihrer Zeit, in der es Frauen nicht vergönnt war, ihre Leidenschaft frei auszuleben. Von der sprachlichen Seite her ist dieser Roman ein Genuß, die Ausarbeitung ist der Autorin sehr zeitbeschreibend gelungen, man fühlt sich durch die poetischen Formulierungen und die besonderen Diskussionen und Briefwechsel förmlich in diese Epoche zurückversetzt. Es gelingt Stefanie H. Martin auf interessante und zeitbeschreibende Weise das private Leben der vielseitigen Persönlichkeit Virginias und ihrer Zeitgenossen zu begleiten und mehr über ihre Ambitionen zur Frauenbewegung zu erfahren. Dabei steht die anschauliche Charakterisierung der Figuren besonders im Fokus. Virginia wirkt ehrgeizig, dabei aber auch etwas unsicher und fragil. Ihre enge Beziehung zu Vanessa macht klar, wie sehr sie eine Bezugsperson suchte und brauchte. Wer sich in den Literatursalons traf, hatte nicht nur Intellekt, er hatte auch das finanzielle Polster, um hier zu diskutieren und gedanklichen Austausch zu pflegen. Dabei ging es besonders offen auch um Sexualtität, einige der Bloomsburries waren Homosexuelle. Diese sprachlich gelungene Ausarbeitung über Virginia Woolfs Leben ist für mich ein interessanter Einblick, der mit den gezeigten Zeitgenossen ein klares Bild der Bloomsbury Group und der viktorianischen Zeit abbildet.