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gwyn

Posted on 20.6.2022

«Ọṣun war es gewohnt, angestarrt zu werden und das Starren zu ignorieren. Die meisten Menschen würden behaupten, sie sähen bei einem Blick ins Wasser sich selbst, doch was sie wirklich sehen, ist ihr Spiegelbild, zurückgeworfenes Licht. Die Reflexion ist nichts weiter als eine Abwehrreaktion des Wassers gegen unwillkommene Eindringlinge. Wasser ist geduldig, aber im Grunde will es in Ruhe gelassen werden. Begib dich hinein, wenn du willst, trink davon, wenn du willst, aber spähe nicht teilnahmslos hinein.» Bolu Babalola hat die schönsten Liebesgeschichten der Mythologie witzig, spritzig, teils modern in unsere Zeit transportiert, neu erzählt. Sie konzentriert sich auf die fantastischen Volksmärchen Westafrikas aus Nigeria, Ghana, Guinea, Lesotho, Senegal, Mali, Südmauretanien. Auch Mythen aus dem Alterum von Griechenland, Persien, Mesopotamien und Ägypten sind dabei. Geschichten aus Ländern und Kulturen, die in unserer Welt nicht mehr existieren. Diese Frauen sind kämpferische Verfechterinnen ihrer Leidenschaft, verlieren aber nie den Blick darauf, dass die wichtigste Liebe von allen die Selbstliebe ist. Bolu Babalola gibt ihren Protagonistinnen Selbstbewusstsein, sie nehmen ihr Schicksal in die Hand, verlassen manchmal den vorgezeichneten Weg. Die Geschichten wechseln in Perspektive, in Kontinenten und Schreibstil, durchschreiten Grenzen von Zeit und Raum. Herrlich erfrischend zu lesen – Liebesgeschichten mit Köpfchen und ganz viel Herz – fern von Kitsch. Zehn Kurzgeschichten: Osun, die Göttin des Wassers; Scheherazade; Psyche steigt mit Eros vom Olymp in die Moderne; Attem, eine schlaue Königin; Prinzessin Yaa, die den Königsweg verlässt; die verwegene Nofretete übt Rache; die chinesische Zhinü verlässt ihre Familie – selbstbewusste Frauen gehen ihren eigenen Weg. Bolu Babalola erzählt ihre Geschichten neu, verlässt die patriarchalische Erzählform, die weiße Sicht, und jede Erzählung besitzt ihre eigene Tonalität. Besonders atmosphärisch sind die afrikanischen Legenden, die von einer alten Zeit berichten, dem stolzen Afrika der König:innen. Taffe schwarze Frauen, Königinnen, Liebende! Dieser Band ist knallbunt und erfrischend, die richtige Sommerlektüre. Bolu Babalola ist eine britisch-nigerianische Frau mit einem irreführenden Bachelor in Rechtswissenschaften und einem Master in Amerikanischer Politik und Geschichte. Sie schrieb ihre Dissertation über Beyoncés Lemonade und wurde dafür ausgezeichnet. Sie hat also im Wesentlichen einen Master-Abschluss in Beyoncé. Als Autorin von Büchern, Drehbüchern, Liebhaberin der Liebe und selbsternannte «Romcomaisseurin» schreibt Bolu Babalola Geschichten von starken Frauen, die kühn lieben und geliebt werden. Sie glaubt fest daran, dass Frauen sowohl «die Schöne» als auch «das Biest» sind. Sie ist kein Fan davon, ihre eigene Vita zu schreiben. Sie sagte zu diesem Buch: «you’re used to seeing white women play (romantic archetypes). They’re fun girls, independent, they have their own minds and they have access to their own iteration of romance. Why don’t we have that?»

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