gwyn
«Ich bin die Sucherin, und das ist Radio Silent. Hört zu. Helft mit.» Die Sucherin – sie betreibt einen erfolgreichen Podcast – niemand weiß, wer sich hinter Radio Silent verbirgt. Dee hilft Menschen, vermisste Personen aufzuspüren. Die 17-Jährige hat ein Trauma. Vor 10 Jahren wurde ihre Freundin Sibby entführt. Dort im Wald, am Baumhaus. Dee musste alles mit ansehen und konnte nicht helfen, fühlt sich mitschuldig – so will sie heute andere unterstützen, um plötzlich Verschwundene wieder aufzufinden. Radio Silent sammelt die Hinweise, Dee ordnet sie, wertet sie aus und veröffentlicht sie über den Podcast und die Website. Die Follower ihres «True-Crime-Podcasts» nennt sie Laptopdetektive, denn den ein oder anderen Fall konnten sie gemeinschaftlich lösen. Zehn Jahre ist es her, seit Sibby verschwunden ist. Der Fall wurde nie aufgeklärt. Und nun verschwindet wieder ein kleines Mädchen spurlos in dem kleinen Ort, und es scheint eine Verbindung zu dem alten Fall zu geben. Die betroffene Familie wohnt in dem ehemaligen Haus von Dees Familie. Zufall? Dee will zunächst mit der Sache nichts zu tun haben; zu dicht an ihrem damaligen Erlebnis, Erinnerungen tun sich auf. Doch sie weiß, sie muss sich ihrem Trauma stellen. Und sie sucht auch immer noch nach Sibby, ihrer damaligen besten Freundin. Ein wirklich guter Jugend-Thriller, den man erst mit der letzten Seite aus der Hand legt, ein Pageturner. Tom Ryan geht es ruhig an, stellt seine Protagonisten vor. Dee, die lieber unauffällig lebt, die Öffentlichkeit scheut, der Medienrummel von damals, ihr zweites Trauma. Stück für Stück erfährt der Lesende, was geschah. Der einzige Mensch, der weiß, wer Radio Silent mit verfälschter Stimme betreibt, ist Burke, der beste Freund von Dee, der ihr die Technik eingerichtet hat. Gerade ist Dee dabei einen neuen Fall vorzustellen, den die Community lösen soll, als die kleine Gerrad verschwindet ... Da es hier Parallelen gibt – oder auch nicht, entschließt sich Dee, der alten Sache endlich auf den Grund zu gehen, denn eine anonyme Person meldet sich bei Radio Silent, die behauptet, Sibby vor 2-3 Jahren gesehen zu haben. Sie will sich mit Dee treffen. Eine Falle? Eine Journalistin hat kürzlich geschworen, aufzudecken, wer sich hinter Radio Silent verbirgt. Oder ist es einer dieser Spinner, der sich wichtig machen will? Zunächst möchte Dee herausbekommen, wer dieser anonyme Mensch ist. Ein Fall für Burke. Die dritte Möglichkeit: Ein echter Tipp, der zu einer Spur zu Sibby führt! Tom Ryan zieht die Spannung an, blättert Informationen auf und eine gefährliche detektivische Suche beginnt. Vom Aufbau her ist der Plot gut gestaltet, die Spannung geht vom leichten Schnitt in den Trab über und endet final im Galopp. Die Protagonisten werden gut eingeführt, so dass Intension und Handeln der Figuren glaubhaft ist. Die Geschichte ist überzeugend – es gibt keine Superhelden, sondern schlicht normale Jugendliche, die mit Kombinationsgabe und Hartnäckigkeit an der Sache bleiben, selbst wenn es nachher gefährlich wird. Sie schlittern in etwas hinein, bei dem nicht alles glattläuft; coolen Kopf bewahren und nachdenken. Ein interessanter Stoff mit einer spannenden Story. Der Magellan Verlag gibt eine Altersempfehlung ab 13 Jahren. Das ist ok, ab 13/14 Jahren – meine Empfehlung! Tom Ryan ist Autor zahlreicher Kinder- und Jugendbücher, für die er schon viele Auszeichnungen erhalten hat. Die Lebenswelten queerer Teenager spielen in seinen Büchern eine wichtige Rolle. Sein Jugendroman Radio Silent – Melde dich, wenn du das hörst wurde mit dem Lambda Award for Best LGBTQ Mystery ausgezeichnet. Er lebt mit Mann und Hund in Nova Scotia, Kanada.