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Buchdoktor

Posted on 19.6.2022

Der Chicagoer Ex-Cop August Snow wurde mit goldenem Handschlag in den Ruhestand versetzt, mit 12 Millionen Dollar als Entschädigung für den Verlust seines Jobs und seines Rufs. Snow lebt heute als Wohltäter der kleinen Leute in der Straße von Mexicantown, in der er aufwuchs und wo die ältere Generation schon seinen Vater kannte. Als eine junge Frau im Kostüm der Marie Antoinette schwer misshandelt und von einer Brücke in den Detroit River gestürzt wird, haben die Ermittler ein Problem: sie können die Tote nicht identifizieren. August, in seinem Viertel bestens vernetzt, soll helfen. Seine Patentante Elena kennt im Viertel jeden, auch die junge Latina. Die hatte keine Papiere, aber einen Job und verschwand nach einer Polizeirazzia spurlos. Die Fahndung nach illegalen Einwanderern, die teils seit Jahrzehnten im Land leben und arbeiten, verärgert Augusts Nachbarn zunehmend. Die im Viertel in auffälligen Limousinen posenden ICE-Agenten zählen sie ganz und gar nicht zu „den Guten“. Spätestens als eine weitere Tote gefunden wird, ist nicht zu übersehen, dass offenbar direkt aus der Chicagoer Polizei heraus junge Frauen in die Zwangsprostitution gepresst werden müssen. Es ist ein einfache Rechnung: die Zahl der insgesamt kontrollierten Personen sollte der Summe aus später angeklagten und freigelassenen Latinos entsprechen … Wo also bleiben die fehlenden Personen? Stephen Mack Jones führt in seinen zweiten Fall um August Snow geschickt Augusts Vorgeschichte und sein Netzwerk im Stadtviertel ein. Von Father Grabowski, der seit Jahren Illegale versteckt, über Ogilvy mit dem Samurai-Knoten, Augusts Schützling Jimmy Radovan bis zu Skittles, seinem persönlichen Hacker, sind das hinreißende Figuren. Leider verharrt Mack Jones zweiter Detroit-Krimi auf einem Niveau von hispanischem Macho-Gealbere und einer nicht enden wollenden Zahl von Rambo-Szenen, in denen in Blut und Gehirnmasse herumgemanscht wird. Wie man einen Plot aus liebenswerten Figuren, interessanten Schauplätzen und offensichtlichen Strukturproblemen der amerikanischen Polizei derart vergeigen kann!

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