herbstrose
Zwischen Tradition und Moderne Als Sängerin in einer kleinen Band gelang es der jungen Yingzhi Im ländlichen China der 90er Jahre, eine gewisse Freiheit und finanzielle Unabhängigkeit zu erreichen. Doch durch eine unbedachte Affäre machte sie sich den Traum von einem selbstbestimmten Leben zunichte. Sie wurde schwanger und musste den Vater des Kindes, den arbeitsscheuen Faulenzer Guiqing heiraten und, wie es der Brauch war, in dessen Elternhaus ziehen. Er verspielte das von ihr angesparte Geld, mit dem sie ein eigenes Haus bauen wollte, so dass ihre Beziehung immer aggressiver und gewalttätiger wird. Als Yingzhi versucht sich daraus zu befreien eskaliert die Situation und gipfelt in einer Katastrophe, die nicht nur sie ins Verderben reißt … Die 1955 geborene Autorin Fang Fang ist eine der bekanntesten chinesischen Schriftstellerinnen und lebt seit ihrem zweiten Lebensjahr in Wuhan. Sie veröffentlichte in den letzten 35 Jahren eine Vielzahl von Romanen, Novellen, Kurzgeschichten und Essays, in denen meist die Armen und Rechtlosen eine große Rolle spielten. Fang Fang war verheiratet und ist Mutter einer Tochter. Der 1946 geborene Übersetzer Michael Kahn-Ackermann studierte Sinologie an der LMU München und in Peking, war 1988 Gründungsdirektor des Goethe-Instituts Peking und lebt heute in Nanjing. Im chinesischen Original ist „Wütendes Feuer“ bereits 2002 erschienen, jedoch erst heute in deutscher Übersetzung erhältlich. Das mag zum einen daran liegen, dass die Sprache mit ihren blumigen, gestelzten Ausdrücken schwer zu übersetzen ist, zum anderen auch, dass man bei Literatur aus China politische oder kulturelle Kritik erwartet. Der vorliegende Roman spielt in der Zeit des Umbruchs vom sozialistischen System zur Marktwirtschaft. Die Städte füllten sich mit jungen Zuwanderern vom Land, zurück in den Dörfern blieben die Alten und die Armen. Die Belastung lag auf den Frauen. Sie mussten in der Landwirtschaft arbeiten, die Schwiegereltern versorgen, die Launen und Prügel des Mannes ertragen – und dabei noch Kinder bekommen. Die Sprache ist geschmückt mit farbigen und bildreichen Ausdrücken, teilweise ist sie jedoch auch sehr derb, brutal und vulgär. Die Personen blieben mir allesamt fremd und ihr Verhalten war für mich meist unverständlich. Die Schilderung des Lebens innerhalb der Familie machte mich fassungslos und die ständigen Streitereien drückten aufs Gemüt. Ein Kreislauf aus Gewalt und Brutalität, aus Unterdrückung und Hoffnungslosigkeit, aus Trostlosigkeit und Verzweiflung, den man bis zum bitteren Ende aushalten muss. Sehr informativ ist das Nachwort des Übersetzers, das die sozialen und politischen Hintergründe erläutert und die Zusammenhänge verständlicher macht. Fazit: Hoch interessante und informative Lektüre über China in den 90er Jahren – für sensible und empfindsame Personen nicht geeignet!