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mabuerele

Posted on 11.6.2022

„...Sie mochte Abläufe, die immer gleich waren, immer gleich wie die monotonen Umdrehungen der Waschmaschine Nummer fünf, auf der sie saß...“ Heute aber wird der Ablauf durchbrochen. Der Student Adrian erscheint im Waschsalon und spricht sie an. Als sein Handy klingelt, nutzt Undine die Chance, nimmt ihre Wäsche und verschwindet. Die Autorin hat eine etwas andere Liebesgeschichte geschrieben. Der Schriftstil ist ausgereift und bringt die innere Spannung des Buches voll zum Tragen. Adrian möchte die junge Frau gern wiedersehen. Dazu lässt er sich eine Menge einfallen. Er ahnt aber nicht, dass Undine Verletzungen aus ihrer Kindheit mit sich trägt, die ihr Leben prägen. Sie mag klare Strukturen, kann Menschen nur schlecht um sich ertragen und arbeitet im Zoo bei den Fischen. Die Welt des Meeres ist für sie eine Fluchtwelt. Das war schon in der Kindheit so. Das Märchen von der kleinen Seejungfrau, das kursiv und Stück für Stück ins Buch integriert wurde, ließ sie damals ertragen, was nicht zu ertragen war. Der Missbrauch wird nie benannt, aber mehrmals angedeutet. Allerdings kam der später. Der erste scharfe Einschnitt war der Tod der Mutter. Der Beruf des Vaters machte es erforderlich, dass Undine bei den Großeltern aufwuchs. Adrian nimmt das Studium nicht gerade bitterernst. Sein Hobby ist das Malen. Für ihn hat das Leben noch eine gewisse Leichtigkeit. „...Er hatte keinen festen Plan, er wollte sich einfach ein bisschen treiben lassen, kreativ sein und wenn er in zehn Jahren doch als Lehrer arbeiten würde, dann wäre das eben so...“ Sehr eindringlich wird von der Autorin beschrieben, wie Undine Schritt für Schritt aus ihrem Kokon herauskommt und sich sachte auf Adrian einlässt. Natürlich ist die Geschichte nicht frei von Rückschlägen. Jeder kleinste Fehler von Adrian bedeutet für Undine wieder einen Schritt zurück. Es gibt viele Szenen, die Undines hohe Sensibilität zeigen. „..Schwimmoper war der schönste Name, den man sich für ein Schwimmbad ausdenken konnte, fand Undine. Denn Wasser war manchmal wie Musik. Die Menschen schwammen sehr unterschiedlich und es klang anders, ob jemand kraulte oder Brust schwamm...“ Schwarzweiße Kreidezeichnungen illustrieren das Buch. Sie zeigen auf eine besondere Art Undines körperliche Befindlichkeit. Das buch hat mir sehr gut gefallen. Sehr stimmungsvoll und wunderbar zart wird die Geschichte aufgebaut.

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