seeker7
Was muss ein Nachhaltigkeits-Buch im Jahre 2022 bieten, um es noch über die Wahrnehmungsschwelle zu schaffen? Es könnte z.B. von einem namhaften Autoren stammen (was der Fall ist), es könnte ein besonderes Vermittlungskonzept verfolgen (ist auch vorhanden) oder könnte gleich eine ganze Gruppe ausgesuchter Experten/Expertinnen zu Wort kommen lassen (was natürlich auch passiert). STEFFENS stellt diesmal zentrale Themen der Ökologie- und Nachhaltigkeitsbewegung in Dialog-Form dar: Er spricht mit jeweils einer wissenschaftlichen Koryphäe u.a. über die Themen „notleidende Weltmeere“, „Zerstörung der Böden“, „Rettung der Wälder“, „Klimawandel und Wetter“, „zukünftige Pandemien“, „moderne Sklavenwirtschaft“, „verantwortlichen Konsum“ und über die Zukunft der Spezies Menschen ganz allgemein. Diese „Gespräche“ sind keine Kontroversen: Man ist sich über die jeweilige (katastrophale) Ausgangslage genauso einig wie über die (eigentlich) notwendigen Maßnahmen. So agiert STEFFENS eher als Stichwortgeber und Strukturierer – und eben nicht als Vertreter einer Gegenposition. Damit das Verfolgen der Argumentation nicht am fehlenden Verständnis scheitert. werden da, wo es hilfreich erscheint, zusätzliche Sachinformationen eingespeist. Der gewählte Aufbau lockert das Buch auf und macht es auch für solche Interessierte gut lesbar, die nicht unbedingt die Systematik eines durchstrukturierten Textes suchen. Dazu trägt natürlich auch bei, dass die interviewten Personen einen jeweils unterschiedlichen Gesprächsstil haben. So wird die Darstellung eben auch persönlicher: Sichtbar werden nicht nur die Inhalte, sondern auch die Menschen, die sich diesen jeweils leidenschaftlich verschrieben haben. Dazu passt es auch, dass STEFFENS nicht nur nach Fakten und inhaltlichen Einschätzungen fragt, sondern auch nach dem Umgang mit der gefühlten Verantwortung und den durchlittenen Frustrationen bzw. Enttäuschungen: Denn eine Erfahrung haben alle Gesprächspartner/innen gemeinsam: Die bisherigen Reaktionen auf die massiven Herausforderungen und gravierenden Risiken bleiben hinter dem längst zur Verfügung stehenden Wissen weit zurück, sehr weit… Man kann dem Buch kaum vorwerfen, dass es für Vorinformierte Menschen wenig Neues enthält. Diese Publikation ist sicher nicht für eine Zielgruppe gemacht, deren Bücherregale schon von der Last der Nachhaltigkeits-Bücher ächzen. Durchaus überraschend ist aber doch an einigen Stellen die Differenziertheit der Diskussion: So wird z.B. bei Gespräch über den Zusammenhang zwischen Wetter und Klima durchaus vor Pauschalisierungen und Vereinfachungen gewarnt. Auch eine philosophischen bzw. anthropologischen Ebene berührt das Buch – wenn es am Ende um die Frage geht, wieweit die evolutions-biologische Basis des Menschen möglicherweise ein baldiges und endgültiges Scheitern unserer Spezies unvermeidlich macht. Es tut gut, dass Hoffnung und Optimismus (als Bespiele für kulturelle Errungenschaften) ihren Platz behalten – zumindest in diesem empfehlenswerten Sachbuch.