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mabuerele

Posted on 22.5.2022

„...Als er das junge Paar den Pier entlangschlendern sah, wusste er gleich, dass diese beiden sein Motiv für den heutigen Abend sein würden...“ Mit diesen Worten beginnt der Prolog zu einem Buch, dass in zwei Erzählsträngen die Entstehung eines Bildes nachzeichnet und gleichzeitig ein dunkles Kapitel der Geschichte aufarbeitet. Wobei die Formulierung nicht exakt ist. Es sind drei Bilder, die der Maler „Die Liebenden von Nizza“ genannt hat. Zwei zeigen jeweils nur eine Person, das dritte das Paar. Die Bilder werden ausführlich beschrieben. „...Erst auf dem dritten Bild hielten sie sich eng umschlungen, als wollten sie sich nie wieder loslassen...“ Der Prolog spielt 1929 in Villefranche. Dem war aber schon einiges vorausgegangen. Der Schriftstil lässt sich flott lesen. Er passt sich der jeweiligen Situation an. Romy, eine Kunstwissenschaftlerin, hat sich nach einem Schicksalsschlag eine Auszeit genommen. Dann aber erhält sie eine Mail mit einem Auftrag. Eigentlich will sie diese negieren. Als der Absender, der Anwalt Adam Gold, vor ihrer Tür steht und ihr erklärt, worum es geht, begleitet sie ihn nach Nizza. Dort machen sich beide auf die Suche nach oben erwähnten Bildern. Zwei davon hängen in Nizza im Museum, zum dritten gibt es keine Spur. Im Strang der Vergangenheit wird die Geschichte des Paares erzählt. Sie beginnt in einem Kriegslazarett im Jahre 1915 in Nizza und endet 1944. Charlotte arbeitet dort zusammen mit zwei Freundinnen als Krankenschwester, Henri wird mit einer Verletzung eingeliefert. Sehr detailliert erfahre ich, wie sich das Leben von Charlotte und Henri, aber auch das ihrer Freundinnen entwickelt. Der Auftraggeber für die Bildersuche, ein Sohn der beiden, beschreibt seine Eltern so: „...Meine Eltern hatten eine wunderbare Gabe; sie konnten wahrhaft leben, konnten jede Sekunde ihres Lebens auskosten. Bevor mein Vater einen Raum betrat, zog er alle Menschen in den Bann. Und meine Mutter war so voller Liebe und Güte...“ Während im Ersten Weltkrieg die Arbeit im Lazarett im Mittelpunkt steht, dann der Aufbau eines neuen Lebens folgt, spielt im Zweiten Weltkrieg die gefährliche Arbeit im Widerstand eine entscheidende Rolle. Viele Gespräche zwischen den Frauen zeigen die verschiedenen Einstellungen dazu. In der Gegenwart darf ich Schritt für Schritt die Suche nach dem einen Bild mitverfolgen. Genauso kompliziert ist es, dem Museum nachzuweisen, dass die ihre beiden Bilder unrechtmäßig erworben haben. Zeitzeugen gibt es kaum, wenn doch, wissen sie nicht mehr viel oder können sich nicht erinnern. Glücklicherweise aber tauchen nach und nach bei den Nachkommen Aufzeichnungen auf, die weiterhelfen. Jedes Puzzle ist wichtig. Für Romy bewahrheitet sich ein altes Wort: „...Wenn wir glauben, wir wären am Ende von etwas angekommen, so stehen wir bereits am Anfang von etwas anderen...“ Der Auftrag lässt sie ihre eigne Verletzung überwinden. Er wird für sie zu einem Neuanfang. Sie ist auch bereit, wieder Gefühle zuzulassen. Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich möchte meine Rezension mit einem Zitat beenden, das aus dem Munde von Henri im Jahre 1915 stammt und an Aktualität nichts verloren hat: „...Sich gegenseitig zu erschießen, mit Granaten zu bewerfen oder Bajonetten zu erstechen, nur weil Politiker dies so wollen – es wird einfach befolgt. Dieser Gehorsam ist ein großes Übel...“

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