R. S.
Abstieg in die Social Media Hölle Welche Verantwortung haben Eltern gegenüber ihren Kindern, wenn sie Bilder bzw. Videos von diesen in den sozialen Medien posten, insbesondere dann, wenn sie damit auch Geld verdienen? Welche Auswirkungen und Folgen hat die Überexposition in den sozialen Medien auf die Kinder? Wer schützt ebenjene Kinder und Jugendliche vor dieser Art der Ausbeutung und Missbrauch? Das sind nur ein paar Fragen, die der neue Roman "Die Kinder sind Könige" von Delphine de Vigan aufwirft. Der Leser taucht dort in die gefilterte Welt der Kinderstars ein, die durch Videos über ihren Alltag auf Plattformen wie Youtube und Instagram eine treue Fangemeinde und gewisse Berühmtheit erlangt haben. Geteilt wird alles, vom ersten Wort bis zum Supermarkteinkauf, das Konzept der Privatsphäre existiert für sie nicht mehr. Die Kinder werden hierbei zu Geldmaschinen für die Eltern. Geschickt und äußerst spannend wird dieses Phänomen anhand eines fiktiven Entführungsfall erzählt. Mélanie Claux, selbst gescheiterter Reality-TV Star, wird mittels der Videos von ihren Kindern und dem dazugehörigen Youtube-Kanal berühmt und reich. Alles scheint perfekt zu sein, bis ihre vierjährige Tochter Kimmy entführt wird und die Fassade einer glücklichen Familie Risse bekommt. Die Ermittlungen werden von Clara Roussel geleitet, die unterschiedlicher zu Mélanie nicht sein könnte. Durch Gegenüberstellung dieser beiden Frauen wird die Absurdität und Oberflächlichkeit der Zurschaustellung des Privatlebens in den sozialen Medien und die Gefahr, die davon für die Kinder und die Gesellschaft an sich ausgeht, besonders deutlich. Gesellschaftskritik verpackt als Krimi, schonungslos klagt der Roman auf eindrückliche Weise die Eltern an, die ihre Kinder permanent vor die Kamera zerren um deren Leben mit aller Welt zu teilen, ohne sich darüber Gedanken zu machen, ob diese das überhaupt wollen und welche langfristigen Auswirkungen es für sie hat. Der Roman macht nachdenklich, aber auch leicht wütend auf die Eltern, die nicht an das Wohl und den Schutz ihrer Kinder hinter der Kamera denken. Klare Leseempfehlung von mir, auch wenn das Buch vor allem anfangs teils etwas langatmig ist und ich mir ein bisschen mehr vom Ende gewünscht hätte.