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mabuerele

Posted on 19.5.2022

„...Vor einem Jahr hatte er seine Arbeit als Zeugschmied aufgeben müssen und war hierher in den Pesthof gekommen. Als Geselle hatte er nur wenig auf der hohen Kante gehabt, aber sein Amt, wie in Hamburg die Zunft genannt wurde, ließ ihn nicht in Stich...“ Im Zitat ist die Rede von Dirk Hinrichs. Ihm ist das Essen im Pesthof zu wenig. Mit einem nachgemachten Schlüssel gelangt er zuerst in die Küche, dann in den Vorratskeller. Das Bier dort mundet ihm. Allerdings wird er den Keller nicht mehr lebend verlassen. Der Autor hat einen fesselnden historischen Krimi geschrieben. Die Geschichte spielt 1619. Das Besondere daran ist, dass sich das Geschehen mit wenigen Ausnahmen im Pesthof abspielt, einem Hospital der Stadt. Der Schriftstil ist gut ausgearbeitet. Er lässt Platz für historische Betrachtung und sorgt für einen hohen Spannungsbogen. Im Pesthof lebt auch der Kaufmann Merten Overdieck, seitdem es bei ihm den Verdacht auf Lepra gibt. Der Tod Dirks lässt ihm keine Ruhe. Ihm waren dabei einige Ungereimtheiten aufgefallen. Zum Pesthof gehört ebenfalls das Tollhaus. Dort sind Menschen mit psychischen Erkrankungen untergebracht. Merten lässt sich zur Arbeit in Tollhaus einteilen. Eigentlich hätte er das nicht nötig, denn er kann seine Unterbringung bezahlen. Da aber eine der Kranken beschuldigt wird, an Dirks Tod schuld zu sein, möchte er Erkundungen einziehen. „...Merten atmete tief durch. Die Nachforschungen im Tollhaus hatte er sich weniger aufwühlend vorgestellt. Nachdenklich blickte er sich um….“ Die Art der Bewohner und ihre Krankheiten hat der Autor erstaunlich vielschichtig beschrieben. Bei einigen Bewohnern ist der Name Programm, so Michelangelo und Caesar. Letzter strotzt vor lateinischen Sprichwörtern und nutzt sie zu jeder Gelegenheit. Erstaunlicherweise sind sie meist sogar passend. Das Leben im Tollhaus ist aber für die meisten eher ein Vegetieren. Schwester Maria unterstützt Merten bei seinen Ermittlungen. Allerdings ahnt Merten bald, dass er vermutlich in ein Wespennest gestochen hat und selbst in Gefahr ist. Ich mag den Humor der beiden. „...“Pass auf dich auf, der Hof ist gefährlich“, riet Merten besorgt. Die Pflegerin rang sich ein schiefes Lächeln durch und zwinkerte ihm zu: „Nur einer von uns ist gerade so langsam wie eine vollgefressene Schnecke auf einem Salatblatt und ich bin es nicht.“...“ Für mich war lange unklar, worin das Motiv für die Morde lag. Was konnte im Pesthof so brisant sein, dass alle Mitwisser beseitigt werden sollten? Es bedarf eines trickreichen Vorgehens, um den Fall zu klären. Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen.

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