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Buchdoktor

Posted on 11.5.2022

Jula, Nick und Agda werden zum ersten Mal allein mit ihrem Vater in den Urlaub fahren, weil ihre Mutter Saskia mit einer Freundin nach Florenz reist. Saskia Emmerich traut ihrem Ex-Mann wenig zu und so wird sie den Vater-Kinder-Urlaub engmaschig per Handy überwachen. Mit ihrem in höheren philosophischen Sphären schwebenden Vater kann es den gemeinsamen Kindern nur schlecht gehen, davon ist Saskia überzeugt. Die älteste Tochter Agda fühlt sich längst zu alt für einen Familienurlaub und auch sie wird ihrer besten Freundin täglich episch Bericht aus dem Ferienhaus im Bayrischen Wald erstatten. Nick, der Mittlere, wirkt anfangs noch sehr schüchtern, für die kleine Jula jedoch kündigt sich mit dem Fund eines mumifizierten Katzenskeletts eine große Karriere als Magierin an. Ein Ort, an dem es Wald, Krähen und Babykröten gibt, wird Jula ungeahnte magische Fähigkeiten verleihen. Die Vermieterin Frau Neumüller scheint zunächst wenig begeistert von den Städtern. Sie kann schwer einschätzen, ob ihre Sommergäste überhaupt den „Ofen“ mit Holz befeuern könnten, meint sie damit etwa den Küchenherd? Als Claus Emmerich sich gleich zu Beginn des Urlaubs den Fuß bricht, müssen die Kinder den Haushalt übernehmen – natürlich ohne dass Frau Neumüller aufmerksam wird und ohne dass sie sich am Telefon ihrer Mutter gegenüber verplappern. Wenn seine Kinder sich selbst beschäftigen, hat Claus alles im Griff. Den Wald-Weiher praktisch direkt hinter dem Haus findet Agda gar nicht mal schlecht; hier kann sie die Dorfjungs mit ihrem Kampfsport-gestählten Körper beeindrucken. Natürlich rein platonisch; denn wie sähe das aus – Agda und ein Junge aus dem bayrischen Wald! Die verblüffendste Entwicklung vollzieht Nick, der nach fragwürdigen Mutproben unter der Fuchtel eines Dorfjungen seine Ängste bewältigt, ein unheimliches Geheimnis im Gerümpel-Teil des Ferienhauses aufklärt und sogar einen Hecht in Familiengröße fängt. Ein imponierender Schlussakt löst alle Rätsel – und so schlecht wie befürchtet hat es Frau Neumüller am Ende mit „diesen Städtern“ offenbar nicht getroffen. Mit seinem unscheinbaren Titel und einem Cover, das zu stark „Sommer in Solupp“ ähnelt, habe ich Nikola Huppertz Sommerroman für Leser ab 10 zunächst unterschätzt. Das temporeiche Abenteuer spart nicht mit ironischen Seitenhieben auf kultursüchtige Mütter, verträumte Väter und den Dorftratsch im Allgemeinen. Persönlichkeiten der Kinder und ihre Sicht auf Familie und Umfeld finde ich sowohl glaubwürdig als auch hinreißend gut getroffen – eine humorvolle Ferienlektüre.

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