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Ceciliasophie

Posted on 9.5.2022

Immer wieder gibt es Bücher, deren Klappentexte etwas versprechen, was die Geschichte an sich dann jedoch niemals halten kann. Manchmal werden Erwartungshaltungen geweckt, die niemals in Erfüllung gehen können. Oder Handlungsstränge erwartet, die dann nicht im Buch auftauchen. Oftmals ist es eher enttäuschend, wenn Klappentext und Inhalt nicht zusammenpassen. Eben, weil man als Leser:in das Buch mit einer bestimmten Erwartung aufschlägt und immer weiterliest, in der Hoffnung, dass das Erwartete irgendwann einmal in der Geschichte auftaucht. Und immer mehr ernüchtert, je mehr Seiten vergehen. Auch bei diesem Buch hat das Zusammenspiel von Klappentext, Cover und Titel bei mir ganz andere Erwartungen geweckt. Aber glücklicher Weise gehört „Das Fundbüro der verlorenen Träume“ zu der eher selteneren Kategorie: Ein Buch, das im Vorfeld andere Erwartungen weckte und dessen Tiefe und Inhalt mich als Leserin überraschte und mich begeistern konnte. Erwartet hatte auch ich eine Handlung, die viel mehr auf die Fundstücke und das Fundbüro fokussiert wäre, nicht aber eine Geschichte um Familie, Trauer, Verlust und Schuld. Ich würde im Nachhinein empfehlen, den deutschen Klappentext nur zu überfliegen und lieber den originalen Klappentext zu lesen, der dem eigentlichen Inhalt ein weniger näher ist. Dabei ist der Klappentext nicht schlecht, er konzentriert sich jedoch nur auf einen Teilaspekt der Geschichte. Mit Dot als Protagonistin habe ich mich anfangs etwas schwergetan. In einzelnen Passagen fand ich sie unheimlich sympathisch und liebenswürdig, außerdem verfügte sie über ein erstaunliches Einfühlungsvermögen in andere Menschen. Dann aber ist sie echt biestig, stößt Menschen von sich, lässt keine Nähe zu und denkt dermaßen in Kategorien und Schubladen, aus denen die betreffenden Menschen sich scheinbar nicht mehr „befreien“ können. Liebevoll, lebensfroh, unternehmungslustig auf der einen Seite, engstirnig, verurteilend und überlegen auf der anderen. Doch nach und nach löste Dot sich selber aus dem Muster, in das ich sie gedanklich sortierte. Trauer um den Verlust eines geliebten Menschen kann einen Menschen einfach verändern. Das Buch ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, was verstärkt dazu führte, dass man sich als Leser:in noch mehr mit Dot und ihrer Vergangenheit beschäftigte und sich in sie hineinversetzen konnte. Auf der anderen Seite blieben dadurch die Nebencharaktere etwas zurück. Manche von ihnen waren detaillierter ausgearbeitet als andere. Aber vielen fehlte es ein wenig an Tiefe und Charakter. Das ist aber für die Geschichte verschmerzbar, schließlich geht es um Dot und ihr Leben. Die Handlung an sich fand ich wirklich toll. Ja, anders als erwartet, aber einfach besser. Ein wenig störte ich mich an dem teilweise sehr exzessivem Alkoholkonsum, aber andererseits fand ich es als Angehörige eines Menschen, der sich nach dem Verlust eines geliebten Menschen selbst in den Alkohol flüchtete und der nun schon seit Jahrzehnten erfolgreich trocken ist, sehr realitätsnah. Trotz der Melancholie und vergänglichen, traurigen Stimmung war der Schreibstil passagenweise wirklich humorvoll und gefiel mir gut. Ich persönlich fand das Ende nicht ganz passend zum Rest der Handlung, aber ich verstehe, weshalb die Autorin es so geschrieben hat. Alles in allem hatte ich eine echt schöne Lesezeit und kann das Buch wirklich empfehlen. Achtung: Spoiler wegen Triggerwarnungen! TW: Alkoholkonsum, Suizid, Suizidversuch, Trauer, Depression, sexueller Übergriff

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