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gwyn

Posted on 5.5.2022

«Im Leben geht es nicht nur ums Atmen. Es geht auch darum, atemlos zu sein.» Dies ist der zweite Teil der Graphic Novel-Biografie über Alfred Hitchcock und behandelt seine Schaffenszeit in den USA. 1960 traumatisierte «Psycho» Kinogänger auf der ganzen Welt, denn nie zuvor waren Angst und Spannung derart brillant auf der Leinwand inszeniert worden. Als «Master of Suspense» ist Hitchcock in die Kinogeschichte eingegangen. In kleinen Ausschnitten präsentiert dieser Comic seine ersten Schritte in Hollywood, die anfangs mit zahlreichen Hindernissen einhergingen, bis hin zum Zenit seines Erfolgs. Workaholic, Perfektionist, Scherzbold und Koloss in mehr als einer Hinsicht - Hitchcock ist und bleibt ein Phänomen! Der erste Band behandelte das Leben und die beruflichen Anfänge und Erfolge von «Hitch» in London. 1963 wird in Cannes Les Oiseaux (Die Vögel) gezeigt, der Film, der von der US-Kritik niedergemacht wird. «Rebecca» erhielt 1941 den Oscar für den besten Film, doch Hitchcock selbst wird nie den ersehnten Oscar erhalten. Noël Simsolo ist Filmhistoriker und ein auf Biografien spezialisierter Comic-Autor. Er setzt Schlüsselszenen aus dem Leben von Hitchcock und seinen Filmen in diesem Buch zu einer hervorragenden Biografie zusammen, die Dominique Hé in fast fotografischen Schwarz-Weiß-Szenen grafisch umsetzt, die an die präzisen Storyboards von Hitch erinnern, die er vor jedem Dreh anfertigte. Lass die Bilder sprechen, lass sie wirken – so seine Devise. Die Dialoge sind ein Nebenprodukt der Bilder. Die musikalische Unterlegung war in seinen Filmen nicht unwesentlich. Jeder hat diese Bilder im Kopf: Die Vögel, die zu Tausenden auf die Menschen niedergehen; der Duschvorhang, das Messer, die kämpfende Frau unter laufendem Wasser – die Musik. Bedrohung durch die Macht der Bilder. «Wenn ich das Drehbuch fertig und den Film auf Papier entworfen habe, ist für mich der kreative Teil erledigt, und der Rest ist nur noch langweilig.» (Alfred Hitchcock) Hitchcock der Voyeur: Perspektiven, Beleuchtung, Schock, eindringliche Töne. Wer war dieser Mann, der seine Mitmenschen gern mit üblen Streichen überraschte? Die Kindheit und Jugend war im ersten Band angesprochen – die Erziehung nicht immer ganz einfach für den jungen Alfred. Hitch der Perfektionist, der Workaholic, der mit Ängsten seines Publikums spielt, der König des Thrillers. Er legte alle Kameraeinstellungen bereits vor dem Dreh akribisch fest. Der Aufstieg in den 50er Jahren: «Das Fenster zum Hof» (1954), «Über den Dächern von Nizza» (1955), «Vertigo» (1958), «Der unsichtbare Dritte» (1959), «Psycho» (1960). Mit «Immer Ärger mit Harry» (1955), zeigte er, dass er auch bissige Humor-Filme drehen kann. Glück für Shirley MacLaine, die für ihr erstes Engagement hier mit dem Golden Globe als «Meistversprechende Nachwuchskünstlerin» belohnt wurde. Hitchcock konnte die Creme der Schauspieler überzeugen, in seinen Filmen mitzuwirken. Er drehte im Laufe seiner Karriere mit nahezu allen großen Schauspielern seiner Zeit: James Stewart, Gregory Peck, Cary Grant, Henry Fonda, Sean Connery, Paul Newman, Anthony Perkins, Joseph Cotten, Charles Laughton, John Forsythe Günter Strack, Hansjörg Felmy – Grace Kelly, Janet Leigh, Ingrid Bergman, Doris Day, Marlene Dietrich, Julie Andrews, Kim Novak, Eva Marie Saint, Tippi Hedren, wobei er bei den weiblichen Hauptrollen Blondinen den Vorzug gab. Im Alter neigte Hitch zu Alkoholexzessen und Übergriffigkeit gegenüber Frauen, mischte sich in das Privatleben seiner Schauspielerinnen ein, bestimmte deren Garderobe und Styling. Es soll auch Annäherungsversuche gegeben haben. Besonders schwer hatte es Tippi Hedren mit ihm, die sich im Groll von Hitchcock trennte. Das betraf den privaten Bereich. Doch auch im Dreh verlangte Hitch ziemlich viel von seinen Schauspieler*innen. Tippi Hedren musste für «Die Vögel» einen Raum betreten, der mit lebenden Vögeln vollgestopft war, die von Männern permanent in ihre Richtung aufgescheucht wurden. Man hatte ihr versichert, es werde nur mit künstlichen Vögeln gedreht. Einer hackte nach ihrem Auge, ein anderer verletzte sie heftig im Gesicht. Nach diesem Dreh erlitt sie einen Nervenzusammenbruch. Für sie ließ Hitch teure Garderobe entwerfen; nicht nur für ihre Filmrollen. Er ließ sie überwachen, wollte ihr vorschreiben, welche Freunde sie haben darf. In «Marnie» spielte sie das Opfer einer bestialischen Vergewaltigung – das hatte es in einem Film bisher noch nie gegeben. Hitch machte ihr sexuelle Angebote, und nach Beendigung des Films verzichtete sie auf eine weitere Zusammenarbeit. Auch in seinem letzten Film «Frenzy» (1972) wurden wieder brutale Morde an Frauen dargestellt, wobei der Frauenmörder genussvoll in die Kamera blickte, während er seine Opfer massakrierte. Alfred Hitchcock erhielt unzählige Auszeichnungen im Kino- und Showbiz. 1979 zeichnete ihn das American Film Institute mit dem AFI Life Achievement Award aus – eine große Ehre. Er war sechsmal für den Oscar nominiert, erhielt ihn aber nie – zu blutig und zu brutal für Hollywood. Vier Monate vor seinem Tod erhielt er 1980 die Erhebung in den Adelsstand, allerdings ohne Kniefall. Krankheit und sein massiger Körper ließen das nicht zu. Als sympathischen Zeitgenossen bezeichnete man Alfred Hitchcock weniger. Dumme Scherze auf Kosten anderer zu machen, war sein Hobby. Seinem Team hat er extrem viel abverlangt, was genau darum seine Filme auszeichnete. Sein Umgang mit Frauen war in den letzten Jahren nicht rühmlich. Aber er war ein grandioser Filmemacher und Regisseur. Kein anderer hat die Filmgeschichte geprägt wie er. The Master of Suspense. Die Panels in dieser Graphic Novel sind aneinandergeheftet in kurzen Sequenzen, bringen eine gute Übersicht über die Persönlichkeit von Hitch und seinen Werken. Grafisch erinnern sie an Filmszenen, sind im klassischen Stil arrangiert. Für mich passend zu dieser Biografie. Nach Band 1 nun der Abschluss mit Band 2, rundet das gewaltige Werk von Alfred Hitchcock ab. Sehr lesenswert! Noël Simsolo, geboren 1944 in Périgueux, ist ein französischer Regisseur, Drehbuchautor, Filmhistoriker und Romancier. Er ist vor allem für die Edgar Flanders-Reihe sowie Interviews mit Sergio Leone bekannt. 2004 erschien mit Ne touchez à rien sein erstes Comicalbum. Inzwischen hat Simsolo beim französischen Verlag Glénat eine ganze Reihe vornehmlich historischer Comics vorgelegt, unter anderem über Napoleon Bonaparte und Marie Antoinette. In der Kollektion 9 1/2, die ebenfalls von Glénat verlegt wird, widmet er sich großen Persönlichkeiten der Filmgeschichte wie Sacha Guitry, Sergio Leone oder Alfred Hitchcock. Dominique Hé, geboren 1949, studierte zunächst Agrarwissenschaften, bevor er auf Comics umschwenkte. Seine ersten Stories brachte er ab 1973 in der Zeitschrift Pilote unter und ab 1976 bei Rock & Folk sowie Métal Hurlant (Schwermetall). Im Lauf der Jahre arbeitete Hé mit zahlreichen bekannten Comic-Schaffenden wie Jean Giraud, Patrick Cothias und Serge Le Tendre für diverse große Verlage und Zeitschriften in Frankreich, darunter Les Humanoïdes Associés, Glénat, Dargaud, Hachette und auch den Louvret. Er lebt in Paris.

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