thelidel
Historischer Kriminalroman Bereits zum dritten Mal dürfen wir Paul Stainer nun bei seinen Ermittlungen begleiten, die genau mit den Tagen des Kapp-Putsches im März 1920 zusammenfallen. Die Polizei steht vor einem Rätsel: An jedem Tatort, zu dem sie gerufen werden, finden sie einen geköpften Leichnam vor, dem die Zunge herausgeschnitten wurde. Wäre schon dieser Anblick schwer zu verkraften, geraten einige Kollegen in die Unruhen des Putsches und werden Opfer der sinnlosen Gewaltausschreitungen. Es gibt also nicht nur einen brisanten Fall, sondern auch jede Menge geschichtlichen Zündstoff. Die Geschichte lebt von Gegensätzen: Wo der eine den Aufschwung der 20er voll auskostet und das Leben genießt, kämpft manch anderer noch stark mit den Nachwehen des Krieges. Viele, die einfach zurück in den Alltag geworfen wurden, finden nicht mehr richtig ins Leben zurück. Auch Stainer gerät immer wieder mit seinem Vater aneinander, da dieser voll falschem Stolz die Kaiserzeiten glorifiziert. Diese Reibungspunkte vermitteln ein gutes Gefühl für die angespannte Stimmung dieser Zeit, die Unruhen und Sorgen der Menschen. Auch wenn der Aufbau des Krimis dieses Mal ein bisschen anders ist, da recht schnell klar wird, wer der Täter ist, tut dies der Spannung überhaupt keinen Abbruch. Man weiß wer auf der Liste des Mörders steht und so kann man das Wettrennen zwischen Täter und Stainers Team ebenso atemlos verfolgen, als wenn man als Leser völlig im Dunkeln tappen würde. Da dieser Fall während einer politisch spannenden Zeit spielt, muss dem Ganzen auch sein Platz eingeräumt werden, was mir wiederum gut gefällt, da man wie nebenbei noch vieles lernen kann. Ich finde, dass diese Art Krimi in Kombination mit den historischen Ereignissen sehr gut gelungen ist. Da dieser Zeitabschnitt allein schon so viel Spannung zu bieten hat, wäre ein hochkomplexer Fall mit vielen möglichen Tätern zu viel gewesen. So können beide Handlungsstränge wunderbar nebeneinander herlaufen oder sich auch mal ineinander verstricken, ohne das einer in Vergessenheit gerät. Wieder einmal hat mir der Schreibstil sehr gut gefallen, da alles so lebhaft beschrieben wurde, dass mir viele der Szenen gut als Film umgesetzt vorstellen kann. Kleine Einschübe aus damaligen Zeitungen oder Behandlungsprotokolle in Schreibmaschinen Optik lockern auf und bringen das gewisse Etwas an Authentizität in die Geschichte mit ein. Die Charaktere sind wunderbar gegensätzlich und interessant und geben Einblicke in ganz verschiedene Lebenssituationen, Träume und Alltage. Die brodelnde Stimmung ist greifbar und lässt einen selbst in diese Zeitspanne eintauchen. Für alle Stainer Fans sowieso ein Muss. Allen, die gerne einen guten Krimi mit viel geschichtlichem Hintergrund schätzen, kann ich „Der Engel des Todes“ nur empfehlen.