anni_anushka
Ungewöhnlicher Stil geht zu Lasten der Geschichte Als literarische Sensation aus England wird dieses Buch gehandelt. Und auch in deutschen Buchhandlungen scheint das Buch viel gekauft zu werden; zumindest in meiner Stammbuchhandlung war der Stapel schon recht klein, es scheint also insgesamt sehr gut aufgenommen zu werden. Dieses an sich kleine - weil dünne - Buch greift sehr große Themen auf. Die Protagonistin ist eine farbige Frau in der Finanzbranche. Sie arbeitet sich nach oben und ist dennoch immer wieder in einer Position, sich dafür entschuldigen zu müssen. Nicht selten ist die Diskriminierung intersektional, also eine Kombination von Geschlecht und Hautfarbe. Vor allem den Vergangenheitstraumata afrikanisch-stämmiger Menschen widmet sich die Autorin. Eher in Einzelepisoden werden diskriminierende Erlebnisse geschildert, die das Leben der Protagonistin prägen, sodass sie schließlich nur noch einen einzigen Lebensbereich zu sehen scheint, der ihrer Selbstbestimmung unterliegt. Etliche der geschilderten Episoden sind sehr eingängig. Andere zeigen, wie alltäglich und auch im Kleinen der Rassismus verankert ist. Das Buch lässt einigen Raum für Diskussion und Interpretation. Ein perfektes Buch für einen Lesekreis auf jeden Fall. Für meinen Geschmack lag aber zu viel Fokus auf der Form im Vergleich zum Inhalt. Die Geschichte war mir zu episodenhaft, zu zerstückelt und letztlich auch zu kurz, um mich wirklich emotional zu erreichen. Es blieb immer eine Distanz zur Protagonistin, weil ich keine wirkliche Bindung zu ihr aufbauen konnte. Und einige Erlebnisse, Kontexte und Verbindungen blieben mir zu oberflächlich. Unbestritten ist dies sicherlich ein wichtiges Buch und hat wahrscheinlich vor allem durch seinen Stil die Aufmerksamkeit gewonnen, die der Inhalt verdient, für mich war es aber leider nicht die große Sensation. Als Leserin habe ich das Bedürfnis, mehr in eine Geschichte hineingezogen und mitgenommen zu werden.