miss_pageturner
Dieser Comic wanderte auf meine Leseliste, weil ich den Trailer von dem Film OLD gesehen hatte, und dieser mich sehr neugierig machte. Und ganz getreu dem obersten Gebot für Bookies: “The book comes first!”, wollte ich mir natürlich erstmal diese literarische Vorlage zu Gemüte führen. Tja hätte ich es mal nicht getan, denn jetzt im Nachhinein bin ich mir nicht mal mehr sicher, ob ich den Film schauen will. Memento Mori, oder so ähnlich Zuerst einmal hatte ich offenbar die völlig falschen Erwartungen an den Comic. Ich dachte, ich bekomme einen Horrorthriller mit etwas Mystery, sowas, wie eben auch der Filmtrailer suggerierte. Stattdessen bekam ich, ja was eigentlich? Irgendwas zwischen Kammerspiel, Psychothriller und dem Versuch irgendwas ach so metaphysisches zu erschaffen. Der Strand und sein Geheimnis sind nur Kulisse, damit das Autorenduo a) zeigen kann, dass auch in einer Kriese Menschen nur Menschen sind, die oft egoistisch handeln und b) den*die Leser*in ganz in barocker Tradition an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern können. Ehrlich gesagt habe ich keine Ahnung, warum die Kritiker das so feiern. Beides erscheinen mir wenig innovative Gedankenansätze und die Art wie sie vermittelt werden wirkte auf mich doch eher plump. Es gibt keine raffinierten Dialoge, die die Abgründe der zwischenmenschlichen Beziehungen aufzeigen oder Plottwists, die den*die Leser*in wirklich den Hauch der Vergänglichkeit spüren lassen. Statt mit subtilen Mitteln, den*die Leserin zum Nachdenken anzuregen, wird mit dem Vorschlaghammer die Botschaft versucht einzuhämmern, frei nach dem Motto: “Hier die Menschen altern und sterben, das ist es aber tiefgründig, oder? Denk doch mal über Memento Mori nach”. Und damit der*die Leserin noch ein bisschen mehr zum knabbern hat, baut man noch ein paar Tabubrüche ein, schockierend, nicht wahr? Ein bisschen nackte Brüste da, eine Nahaufnahme vom Teenager Penis hier und Jugendliche, die vor einer Stunde noch Kinder waren und auch noch deren geistigen Horizont haben beim Sex. Überhaupt dreht sich nach der Darstellung in diesem Comic ab 12 alles nur noch um Sex, Sex, Sex und noch mehr Sex. War das alles für die Handlung nötig? Nein. Lenkt es vom sonst fehlenden Plot ab? Vielleicht. Denk es dir selber Wie bereits erwähnt, ist der Strand nur Kulisse. Gebt euch nicht der Hoffnung hin, ihr würde irgendwas über die Ursachen oder Hintergründe erfahren. Das ist nicht wichtig, denn ihr sollte ja über den Sinn des Lebens nachdenken, nicht etwa über sowas Schnödes, wie warum überhaupt auf dem Strand alle altern. Also echt. Ein paar Seiten müssen aber dennoch gefüllt werden und so wird hin und wieder ein Handlungselement eingebaut, nur um es im nächsten Moment wieder fallen zu lassen, und das Kammerspiel zwischen den Figuren fortzusetzen. Da taucht plötzlich ein Mann auf, wird erschossen, zack auf der nächsten Seite reden niemand mehr darüber. Ich verstehe schon, dass das Autorenduo damit die Wirkung des Zeitraffers, und der rasend schnell verlaufenden Zeit unterstreichen wollten, ich fand es aber nur frustrierend und abgehackt. Das Ende ist dann nur eine konsequente Fortführung des ganzen Comics, aber zu dem Zeitpunkt war mir eh mittlerweile alles egal. Das Einzige, was mir gut gefallen hat, und was ich hier natürlich nicht unerwähnt lasen möchte, ist, wie Frederik Peeters die Figuren altern lässt. Alle Subtilität, die der Comic sonst missen lässt, findet sich in dieser zeichnerischen Darstellung des Alterns. Zwischen den einzelnen Paneelen sind die Veränderung minimal, doch vergleicht man dann mal Figuren zwischen mehreren Seiten wird der Unterschied sehr deutlich. Das wurde wirklich gut gemacht. Ansonsten ist der rein schwarzweiße Tuschstil sicherlich gewöhnungsbedürftig, aber ok. Hin und wieder gehen Details verloren, weshalb der Comic auch nichts für Einsteiger ist, dafür war die Mimik der Charaktere sehr ausdrucksstark. Fazit: Nicht sehr subtil und durch Opferung jeglichen Plots wird hier versucht ein metaphysischen und den Sinn des Lebens hinterfragendes Werk zu erschaffen, in der Hoffnung, die Tabubrüche würden den*die Leser*in schon von den Logikfehlern und den fehlenden Erklärungen ablenken. Tja, der Versuch ging in die Hose, wenn ihr mich fragt.