marcello
Die Love NXT-Reihe von Anne Pätzold hat mich wirklich eiskalt erwischt und das im positiven Sinne, da ich nicht damit gerechnet hatte, mich von einer Liebesgeschichte rund um K-Pop so begeistern zu lassen. Deswegen war ich bei „Right Here“ dem Auftakt der On Ice-Reihe wirklich sehr gespannt und war dann doch eher enttäuscht. Denn ich hatte damals ausschnittsweise die Ankündigung zu der neuen Reihe im O-Ton mitbekommen und war sofort begeistert, dass es um Eiskunstlaufen gehen sollte. Jedoch war er bei „Right Here“ schon viel weniger thematischer Hintergrund, als ich gedacht hätte und das ist mit „Right Now“ sogar noch mal weniger geworden, was ich kaum für möglich gehalten hätte. Deswegen fällt mir die Bewertung auch extrem schwer, denn ich bin definitiv enttäuscht, weil in „Right Now“ es auch jede andere Sportart hätte sein können, die Aaron betreibt. Andererseits ist es natürlich beeindruckend, dass Anne Pätzold wiederum die Beschäftigung mit mentaler Gesundheit noch einmal getoppt hat. Das ist definitiv im Wert nicht zu unterschätzen, weswegen definitiv zwei Herzen in meiner Brust schlagen. Schon für Lucy führte der Weg eher vom Eiskunstlaufen weg, aber es gab immerhin noch einige Szene auf dem Eis, die ein wenig in die Materie eingeführt haben, so dass ich gedanklich dort miteinsteigen konnte. Bei Aaron ist es aber deutlich mit einem Trauma verbunden, weswegen Eiskunstlaufen für ihn eher eine ferne Erinnerung ist. Grundsätzlich finde ich es spannend, einen schweren Sturz thematisch so zu verarbeiten, aber dann hätte ich mir dennoch einen anderen Schwerpunkt für die Geschichte gewünscht, denn gerade der Genesungsprozess kommt am Ende relativ kurz, so dass eben wieder wenig auf dem Eis stattfindet. Das hätte man definitiv ganz anders aufbauen können. Und dann kommt eben hinzu, dass Marleigh noch einmal einen Haufen eigener Traumata mitbringt. „Right Now“ ist insgesamt daher eine echt düstere Lektüre geworden, für die die Triggerwarnung sich mehr als gelohnt hat. Es gab auch leichte Momente, das will ich nicht leugnen, doch die Grundstimmung war sehr gesetzt, weil beide regelmäßig, dann oft abwechselnd von ihren Dämonen heimgesucht wurden. Gerade Marleigh war zum Mitleiden echt hart, denn man war mitten mit ihr in ihren Panikattacken und es war schon beklemmend, wie stark ihre Gefühle auf mich übergingen. Deswegen mache ich drei Kreuze, dass nach „Right Here“, wo die Eltern nicht gut weggekommen sind, es bei „Right Now“ wenigstens den Ausgleich mit unterstützenden Eltern gab, denn sonst wäre es wirklich viel zu düster geworden. Auch wenn mir das Buch kaum mal Pausen zum geistigen Erholen gegeben hat, fand ich es schon beeindruckend, wie Aaron und Marleigh jeweils dargestellt wurden, weil es echt sehr authentisch wirkte. Im Grunde hatte es auch den Vorteil, dass eben beide auf ihre Weise betroffen waren, dass es nicht um ein Retter-Syndrom ging, sondern dass sie sich gegenseitig retten mussten. Da war auch von Vorteil, dass ich mich in vielem wiedererkennen konnte. Auch wenn ich mich jetzt ungerne mit Marleigh und Aaron auf eine Stufe stellen möchte, aber auch ich habe meine seelischen Tiefpunkte, wo es mir dennoch gelingt, für andere stark zu sein, weil es meinem Wesen entspricht, und dabei dann selbst zu heilen. Dementsprechend war dieser Ausgleich zwischen den beiden echt wohltuend. Wie immer wird dies natürlich dadurch gefördert, dass Pätzold erzählerisch schon in einer eigenen Liga unterwegs ist, weil selbst das tiefste seelische Loch noch von ihr durch ihre Erzählweise überzeugend umschifft werden kann. Dennoch konnte ich eben nie völlig abschütteln, dass ich mir die Geschichte anders vorgestellt hätte und zwar nicht nur ein bisschen, sondern vollkommen und finde es extrem enttäuschend, dass Pätzold gemäß „on ice“ nicht gehandelt hat. Fazit: „Right Now“ ist wieder ein erzählerisch starkes Buch von Anne Pätzold, da die Frau einfach großartig schreiben kann. Trotz der emotional zehrenden Geschichte, für die man definitiv bereit sein muss, findet sie mit ihrer Art immer noch etwas Leichtes. Dennoch kann ich definitiv eine heftige Enttäuschung nicht abschütteln, denn wieder ging es kaum um Eiskunstlauf und ich habe mir von dieser Reihe einfach etwas anderes erwartet. Es war thematisch eher austauschbar, obwohl es das dank Eiskunstlauf niemals hätte sein müssen.