mabuerele
„...Eines Tage würde sie eine Lady sein, die ihren eigenen Schreibtisch und ihre eigene Feder hatte und spätabends wichtige Briefe schrieb. Natürlich musste sie erst einmal lernen, den Griffel richtig zu halten...“ Etwa sieben Jahre alt ist Georgina im Jahre 1800, als ihr im Prolog diese Gedanken kommen. Mir als Leser erschließt sich der Sinn erst einige Zeit später. Die Autorin hat einen abwechslungsreichen historischen Liebesroman geschrieben. Der Schriftstil passt zum Genre. Er ist leicht, stellenweise humorvoll und lässt sich flott lesen. Aus Georgina, Schwester des Herzogs von Riverton, ist mittlerweile eine junge Dame geworden. Dreizehn Jahre sind seit dem Prolog vergangen. Nun gibt sie in London ihr Debüt. Darauf hat sie sich akribisch vorbereitet. Sie weiß genau, wen sie heiraten will. „...Sie hatte einen Plan, und solange sie nicht zuließ, dass ihre Gefühle ihren Verstand vernebelten, würde sie diesen Plan bis aufs Letzte durchführen und alles würde gut werden...“ Pläne haben nur leider manchmal die Eigenschaft, dass sie nicht so in Erfüllung gehen, wie man sich das vorgestellt hat. Auch dies muss Georgina noch lernen. Auf dem Ball tanzt ausgerechnet Colin McCrae mit ihr. Der Schotte gehört weder zu ihrer Gesellschaftsschicht, noch hat er einen Titel. Allerdings ist er mit Herzog Ryland befreundet. Genaueres über ihre jahrelange Beziehung bleibt aber der Gesellschaft verborgen. „...Es war interessant, sich in der gesellschaftlichen Oberschicht zu bewegen, aber es war sehr beunruhigend zu wissen, dass keine der jungen Damen, denen er regelmäßig begegnete, ihn als standesgemäße Partie betrachten würde...“ Georgina kommt mir am Anfang als verzogenes Gör vor, das nichts anderes im Sinn hat, als sich einen wohlhabenden Mann mit Titel zu angeln. Es ist immer wieder die Rede, von einem Geheimnis, das nicht einmal ihre Familie kennt und das sie über die Jahre gut verschleiert hat. Colins Eindruck von Geoina iest sich so: „...Colin hätte beinah aufgestöhnt, als ihm bewusst wurde, dass ein Besuch Rylands bei seiner großen Liebe (Anmerkung: gemeint ist Lady Miranda, Georginas Schwester) auch bedeutete, Zeit mit dieser kleinen, berechnenden Wichtigtuerin zu verbringen...“ Nach und nach aber erkennt Colin und mit ihm ich als Leser, dass Georginas Fassade ihr wirklichen Wesen verbirgt. Darunter steckt eine junge Frau voller Mitgefühl, die sich für ihre Freunde einsetzt Colin ist derjenige, der hinter ihr Geheimnis kommt. Es nötigt ihm Bewunderung ab, wie gekonnt sie in der Vergangenheit damit umgegangen ist. Das bedurfte exakter Planung und einen gehörigen Schuss Selbstbewusstsein. Allerdings trifft es ihn hart, als Georgina ihm zu verstehen gibt, dass sie sich von Gott ungeliebt fühlt wegen ihrer Unzulänglichkeit. Hier gewinnt das Buch an Tiefe. Colin, der zu seinem Glauben steht, führt sie in die Welt der Bibel. „...Vertraue darauf, dass Gott dir gibt, was du brauchst, wenn du es brauchst. Wenn du es zu früh bekommst, verlegst du es vielleicht...“ Die Autorin erlaubt mir einen Einblick in die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit. Der äußre Schein musste stimmen. Perfektion war gefragt. Das gilt natürlich nicht für alle, prägte aber die öffentliche Meinung. Nur, wer es sich leisten konnte, setzte sich darüber hinweg. Es gibt noch einiges Auf und Ab, bis Georgina zu ihrem wirklichen Leben steht. Das Buch hat mir sehr gut gefallen.