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joberlin

Posted on 11.4.2022

Nach Lou Andreas-Salomé und Rainer Maria Rilke widmet sich Thérèse Lambert erneut einem bekannten Paar, diesmal geht es um die Liebes- und Ehegeschichte von Alma und Walter Gropius. Ich habe das Buch gerne und mit viel Interesse gelesen, trotzdem – ganz frei von Länge ist der Roman nicht. Viel, vielleicht zu viel hat sich die Autorin vorgenommen, denn es geht in weiten Teilen eigentlich um die Lebensgeschichte der Alma Spindler-Mahler-Gropius-Werfel und den Einfluss der jeweiligen Liebespartner. Zwar bildet die Zeit etwa von 1910-1920 den Schwerpunkt, doch zunächst, circa bis zur Hälfte des Romans, scheint Walter Gropius' Leben und künstlerisch-technische Ambition eher eine Nebenrolle zu spielen. Ja, Alma hatte viele Namen, kannte, liebte und heiratete viele – durchweg prominente – Männer. Denn wenn auch die Autorin häufig Almas Willen zur Selbstbestimmtheit und Selbstständigkeit hervorhebt, so ist doch schnell klar: Sie definierte sich eben über diese Männer, deren Nimbus und/oder deren Geld. Und dass sie wohl nicht die rechte Partnerin für Walter Gropius sein wird, dem Mitbegründer der modernen Architektur und der Bauhaus-Schule, ahnt man schon zu Beginn der recht turbulenten Beziehung. Zwar galt sie als eine der schönsten, inspirierendsten Frauen ihrer Zeit, doch war sie – nach meiner Einschätzung - zu sehr dem Ornament des Fin de Siècle verhaftet, die nüchtern-gradlinige Sachlichkeit der Moderne passte eigentlich nicht zu ihr. Jedenfalls war sie von reichlich Männern umschwirrt, wickelte offensichtlich spielend alle um den Finger und erreichte – bei Walter Gropius zeigen das ihre Briefe - auch mit manipulativer Durchsetzungskraft ihre Ziele. Doch fühlte sie sich dabei nicht genug gewürdigt, ja von der Männerwelt geradezu unterdrückt – so lesen wir jedenfalls im Roman. Ich kann das nicht recht nachvollziehen, ich finde, ihre Entwicklung und – sollen wir sagen – ihr Aufstieg wäre ohne die gegenseitige Förderung der jeweiligen Partner so wohl nicht möglich gewesen. Und das ist der Grund, warum wir noch heute über Alma sprechen, schreiben, lesen. Fazit: Der Roman ist gut geschrieben und die Lektüre ist vergnüglich und so, so interessant. Man lernt nebenbei viel über Geschichte und Kultur des frühen 20. Jahrhunderts und schwelgt in Liebes- Musik- und Kunstgeschichten um Alma Mahler-Gropius. Wunderbar!

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