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schokoflocke

Posted on 9.4.2022

Zurück ins Leben „ Er sah aus wie ein alter Mann, dachte er. In Tel Aviv hatte er das nicht gedacht, vielleicht, weil er seit zehn Jahren jeden Tag in denselben Spiegel schaute. Vielleicht war es dieser andere, fleckiger Spiegel, der ihn auf den neuesten Stand der Dinge brachte. " Vor dem Krieg war Leopold Perlstein ein berühmter Schriftsteller in Wien, mittlerweile sind seit seiner letzten Veröffentlichung schon zehn Jahre vergangen. Wie alles andere hat der Krieg auch seine Schriftstellerkarriere durcheinander gebracht. Lustlos und unmotiviert arbeitet er für eine Versicherung in Tel Aviv, wo er sich auch nach zehn Jahren immer noch fremd fühlt. Von seiner Freundin und Agentin Alma bedrängt , reist Leo nach Amerika um den letzten Versuch zu starten seine Schriftstellerkarriere aufleben zu lassen. Bevor er ans Ziel kommt, brennt das für ihn bestimmte Haus ab und er ist gezwungen in einem Gasthaus zu übernachten. Das Haus ist überfüllt, die andere Gäste stören ihn, das Essen schmeckt nicht und dann gibt es noch die Wirtin Dora, die Leos Ruhe stört… Ehrlich gesagt hat mir die Leseprobe nicht besonders gut gefallen, weil ich sie viel zu ruhig fand. Und ja, die Geschichte ist sehr ruhig, die Handlung ( abgesehen von paar Einblicken in das Landleben) kaum vorhanden. Mürrisch und genervt stampft Leo durch die Tage, sonst passiert nicht viel… Ich weiß, das klingt nicht gerade aufregend, aber völlig unerwartet hat mich die Geschichte irgendwo in der Mitte doch gepackt. Sobald Leo anfängt Persönliches von sich zu geben und uns hinter seine Fassade blicken lässt, bekommt das Ganze eine tiefere Bedeutung. Man merkt, wie traumatisiert und desillusioniert Leo ist, wie tief der Krieg seine Seele verletzt hat und es hat etwas herzerwärmendes zu lesen, wie er langsam aus der Starre erwacht und bereit ist wider zu leben. Letztendlich hat mich diese zarte und sanftmütige Geschichte mit der unerwarteten Tiefgründigkeit überzeugen können. Wahrscheinlich ist das kein Buch für jedermann, aber ich finde, man sollte der Geschichte eine Chance geben, für mich hat sich das gelohnt.

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