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mabuerele

Posted on 8.4.2022

„...Nicht mehr lange. Sie hatten es fast geschafft. Im Osten war bereits ein Silberstreif am Horizont zu erkennen, in einer Stunde würde sich der Golf von Triest mit dem Rot der Morgensonne füllen...“ Mit diesen Sätzen beginnt ein fesselnden historischer Krimi. Es ist die zweite Geschichte um Inspector Bruno Zabini. Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Er unterstützt die spannenden Szenen und lässt Raum für Informationen zur Entwicklung der Technik und wichtige Ereignisse der Zeitgeschichte. Durch die Einbeziehung antiquierter Wörter wirkt das Geschehen sehr authentisch. Schon das obige Zitat zeigt, dass der Autor gekonnt mit Metaphern spielt. Triest im Jahre 1907 ist eine Stadt, in der viele Nationalitäten leben. Dementsprechend fällt ab und an ein Fremdwort oder ein bisschen österreichischer Dialekt. Sehr gut hat mir Elenas Aussage über ihre Heimatstadt gefallen. „...Aber Triest liegt nicht in Italien, sondern in Österreich – Ungarn. Hier leben Menschen vieler Völker, darin spiegelt sich unsere Heimat wider….“ Damit nimmt sie Dario den Wind aus den Segeln, der italienischer Nationalist ist. Das Eingangszitat beschreibt die Ankunft von Jure Kuzmin in Triest. Mit dem Dampfer Argo hat der Slowene den Aufstieg zum Kaffeeimporteur geschafft. Als er aber ein Auge auf Elena, die Tochter eines italienischen Kaufmanns wirft, trachtet ihm eine Nebenbuhler nach dem Leben. Der Italiener Dario, Sohn eines Fabrikanten, arbeitsscheu und Dandy, ist der Meinung, dass er Elena heiraten wird. Was sie meint, interessiert ihn dabei weniger. Als ein toter Italiener gefunden wird, muss Bruno schnell den Fall lösen. In der Stadt wird hoher Besuch erwartet. Da kann man keine Unruhen brauchen. Gleichzeitig erreicht die Polizei ein Drohbrief. Auch hier gilt es, den Verfasser zu finden. Bruno geht dabei strategisch klug vor und nutzt nach Möglichkeit neue Erkenntnisse der Kriminalität. Geduld gehört ebenfalls zu seinen Tugenden. „...Nämlich immer dann, wenn er bei einem Einsatz lange Zeit still und bewegungslos warten musste. Ja, es glich der Starre einer Katze, die vor einem Mauseloch auf der Lauer lag...“ Allerdings muss er aufpassen, dass ihm sein Privatleben nicht auf die Füße fällt. Das entspricht nicht den Normen der Zeit. Und er hat einen Feind, der das auszunutzen gedenkt. Ich erfahre einiges über den Kaffeehandel. Als Neuling hat es Jure nicht einfach. Ein Gesprächspartner lässt ihn wissen: „...Interesse ist im Geschäftsleben immer ein zweischneidiges Schwert. Was der eine mit Wohlwollen betrachtet, mag bei anderen Groll hervorrufen...“ Im Gegensatz zu den anderen Importeuren setzt Jure nicht auf südamerikanischen, sondern auf afrikanischen Kaffee. Ganz nebenbei lerne ich einige Kaffeehäuser in Triest kenne. Mir gefällt, wie die Entwicklung der Stadt und des Hafens beschrieben wird. „...Um den Hafen […] vor Flutwellen zu schützen, waren in mühsamer Arbeit drei Wellenbrecher aufgeschüttet worden. Unzählige Felsbrocken waren bewegt worden, um das Bauwerk zu errichten...“ Auch technische Innovationen bekommen viel Raum im Buch, seien es die neuesten Dampfer oder eine besondere Schreibmaschine. Ein Personenverzeichnis ergänzt das Buch. Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen. Das liegt nicht nur an den hohen Spannungsbogen und den technischen Details, sondern auch an der Person des Inspectors. Der hat zwar Ecken und Kanten, ist aber mit sich im Reinen. Und wann findet man schon einen Inspector, der von seiner Mutter die Leviten gelesen bekommt, weil sie andere Meinung ist als er.

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