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Etwas spät, aber nicht weniger beglückt habe ich endlich die im letzten Jahr bei Kampa erschienene Neuübersetzung von Woolfs Essay "Ein Zimmer für sich allein" der faszinierend klugen Antje Rávik Strubel verputzt. Rávik Strubel, deren Roman "Blaue Frau" 2021 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, ist ja inzwischen zur Meisterübersetzerin der mutigen wilden Denkerinnen geworden. Man denke nur an die Joan Didion Neuübersetzungen aus dem Hause Ullstein. "Ein Zimmer für sich allein" ist die Vergebung zweier Vorträge, die Virginia Woolf im Jahr 1928 in Cambridge hielt. Man hatte sie gebeten über Frauen und Literatur zu sprechen. Man kann vermuten, dass die männerdominierte Universitätswelt dieser Zeit damit rechnete, Woolf würde die Gelegenheit nutzen, die Werke ihrer Kolleginnen zu analysieren oder vom eigenen Schreiben zu berichten, von ihrem Weg von einer Idee zum fertigen Roman ... Woolfs Text aber wurde eine gesellschaftskritische, eine feministische Analyse, begonnen mit der Forderung nach einem Zimmer für sich allein. Einem Ort also, an dem es für eine Frau überhaupt möglich ist, ungestört zu arbeiten. Als Woolf diesen Text verfasste, war es in Frauen in England erst seit 10 Jahren überhaupt erlaubt einen Beruf auszuüben. Wobei das noch lange nicht hieß, dass sie über das so verdiente Geld frei verfügen konnten, denn dazu war der Ehemann im Zweifelsfall immer noch zu mächtig. Das erstaunliche an diesem Text ist aber nicht nur die so früh wie nur irgend möglich geäußerte Empörung, sondern die hochpoetische Form in der er verfasst ist. Denn die Empörung über die Schwierigkeit als Frau Raum und Mittel zum Schreiben zu finden, ist hier selbst ein Kunstwerk, das die Wichtigkeit und den künstlerischen Wert, die Unabdingbarkeit der schreibenden Frau beweist. Und abgesehen davon sind einige ihrer Erkenntnisse, die einer Pionierin. Kleines Beispiel? "Angesichts der Weite und Vielfalt der Welt (sind) zwei Geschlechter ziemlich unzureichend."