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Buchdoktor

Posted on 27.3.2022

Elli erhält einen Brief von Marilu – darin die ringförmige Sonnenuhr, mit der die Freundinnen ihren Schwur damals besiegelt hatten. Marilu muss in höchster Not sein, signalisiert die Sonnenuhr. Elli reagiert auf den Notruf wie eben Elli: Augen zu und durch. Sie braucht dazu die Hilfe von Marilus Bruder Lasse und sie muss ihrem Partner Tom gegenüber endlich Farbe bekennen. Für Tom hat sie eine fein ziselierte Legende über Marilu und sich selbst gestrickt, in der das Wort Jugendpsychiatrie bisher nicht vorkam. Ihre eigene Krankheit muss vor Tom unbedingt verborgen werden. Auch Lasse hat einen Brief von Marilu erhalten, der die Jugendlichen in den Taunus bestellt. Charakteristisch für Marilu hat sie bis ins Detail eine Abenteuer-Rallye für ihre engsten Vertrauten vorbereitet, die allem die Spitze aufsetzen wird, was Lasse und Ellie bisher mit Marilu erlebt haben. Ob Elli sich für Marilu überhaupt opfern will, für diese Frage bleibt in der Aufregung keine Zeit. Die Mädchen waren gemeinsam in stationärer Therapie im „Haus Sonnenblick“ und Elli hat sich seit der Entlassung nicht mehr bei Marilu gemeldet. Das mag krass klingen. Mit der Entfaltung der Vorgeschichte der Mädels wird jedoch deutlich, dass bei Marilu schon in früher Kindheit eine bipolare Störung diagnostiziert wurde. Angehörige müssen lernen, sich durch die Krankheit des Patienten nicht völlig vereinnahmen zu lassen. Elli müsste sich ebenso von den depressiven und manischen Schüben ihrer Freundin abzugrenzen lernen wie Marilus jüngerer Bruder Lasse, der zusätzlich belastet ist durch das Wissen, dass es eine familiäre Disposition zu dieser Erkrankung gibt. Doch zunächst muss Elli Klartext mit Tom reden, der über psychische Erkrankungen offenbar feststehende Ansichten hat. Neben der phantasievollen, atemberaubenden Schnitzeljagd auf Marilus Spuren und der schonungslosen Darstellung einer psychischen Erkrankung haben mich in Tania Wittes Jugendroman Lasse und Tom als Nebenfiguren beeindruckt. Der von der Krankheit seiner Schwester überwältigte Jugendliche und der sehr reif wirkende 18-Jährige stehen für unterschiedliche Wege, mit psychischer Erkrankung Nahestehender umzugehen. Sprachlich finde ich das Buch so originell wie die beiden Mädels. Leser sollten mit beängstigenden Szenen rechnen.

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