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Dreamworx

Posted on 26.3.2022

Verbunden werden auch die Schwachen mächtig. (Friedrich Schiller) Seit dem Unfalltod ihres Verlobten Jeremias vor 6 Jahren hat sich Konzertpianistin Anna von der Welt völlig abgeschottet. Gedanklich führt sie lange Unterhaltungen mit Jeremias, als wäre er noch bei ihr, und ergibt sich in ihren Schmerz, selbst Freunde dringen nicht mehr zu ihr durch und ziehen sich zurück. Doch dann muss Anna aus ihrer Münchner Wohnung ausziehen, die so viele Erinnerungen an ihre Beziehung mit Jeremias birgt. Per Zufall findet Anna durch eine Anzeige ein Zimmer in der WG von Gunilla Wohlgemuth, einer älteren Dame, die selbst ihre Wohnung seit langer Zeit nicht mehr verlassen hat. Auch übrigen Mitbewohner, allesamt älter als Anna, haben sich von der Außenwelt mehr oder weniger zurückgezogen. Die Lethargie ihrer WG-Gemeinschaft weckt in Anna den Wunsch, dass sie alle wieder am normalen Leben teilnehmen. Ob es ihr gelingt, ihren eigenen Schmerz hinter sich zu lassen und alle WG-Bewohner mitzureißen? Barbara Leciejweski hat mit „Für immer und noch ein bisschen länger“ einen wunderschönen, emotionalen Roman vorgelegt, der den Leser mitten ins Herz trifft und noch lange nicht loslässt, nachdem das Buch beendet ist. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil lässt den Leser gemeinsam mit Anna in die Älteren-WG einziehen, um dort nach und nach die einzelnen Bewohner, ihre Lebensumstände und deren Wandlung sowie auch Annas mitzuerleben. Anna ist von ihrem Schicksalsschlag so gebeutelt, dass sie ihre Umwelt kaum noch wahrnimmt. Der benachbarte blinde Schulpsychologe Anders nimmt Anna unter seine Fittiche, treibt sie an und lässt sie langsam aus ihrem Schneckenhaus wieder in die reale Welt gleiten, damit sie sich dann ihren Mitbewohnern widmen kann. Gunilla hat für ihren Mann ihre Karriere als Sängerin aufgegeben und lebt nun nur noch für ihren behinderten Sohn Michel. Rose wirkt stumm und beschäftigt sich den ganzen Tag mit Handarbeiten, während der ehemalige Restaurator Kurt-Georg seit fast einem halben Jahrhundert Liebesbriefe schreibt. Dass die Autorin hier die Corona-Pandemie mit in ihre Handlung einbaut, passt zu dem zurückgezogenen Leben der Bewohner, die nun gezwungen sind, die Zeit miteinander zu verbringen. Gemeinsame Filmabende und Sangeseinlagen von Gunilla lassen aus den Einzelgängern eine Gemeinschaft werden. Bei den Aktivitäten gelingt es Anna, die Herzen der Bewohner zu öffnen und ihre Zungen zu lösen. Die Veränderung der einzelnen Protagonisten ist herzerwärmend und zeigt, wie wichtig es ist, aufeinander acht zu geben und dass es immer ein Licht am Ende des Tunnels gibt. Die Charaktere sind so lebensecht und authentisch, dass der Leser sie bei der Lektüre regelrecht vor Augen sieht und sich selbst als unsichtbarer Teil der WG betrachtet. Anna hat sich durch einen schweren Schicksalsschlag vom realen Leben verabschiedet. Doch Umstände zwingen sie nun, endlich wieder vor die Tür zu gehen. Ängstlich und unsicher zuerst, doch nach und nach gewinnt sie an Sicherheit und Mut, andere zu motivieren. Anders besitzt Witz und viel Einfühlungsvermögen, so dass sich ihm Menschen anvertrauen. Gunilla ist liebevoll und warmherzig, aber auch KG ist ein feiner Kerl, der schon so lange unter Liebeskummer leidet. Rose ist erst stumm, doch dann purzeln wieder Worte aus ihrem Mund. Aber auch Annas Vater spielt eine bedeutsame Rolle in dieser Geschichte. „Für immer und noch ein bisschen länger“ ist eine Geschichte wie aus der realen Welt und gerade deshalb so an- und berührend. Der Leser geht während der Lektüre durch eine wahre Achterbahn der Gefühle, denn die menschlichen Schicksale gehen ans Herz, lassen aber auch die Hoffnung immer wieder aufblitzen. Miteinander statt aneinander vorbei ist hier die Maxime, die alle in der heutigen Zeit mehr beherzigen sollten. Absolute Leseempfehlung für ein Buch, das die Seele trifft und noch lange nachhallt. Einfach wunderbar!!!

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