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Ceciliasophie

Posted on 22.3.2022

Die Bücher von Matt Haig haben schon immer widersprüchliche Gefühle in mir ausgelöst. „Wie man die Zeit anhält“ hat mir weniger gut gefallen, „Die Mitternachtsbibliothek“ habe ich geliebt. Aber noch nie zuvor hat ein Buch so viele Widersprüche in mir ausgelöst wie „Der fürsorgliche Mr. Cave“. Eine Bewertung des Buches ist wirklich schwierig. Ich habe das Buch verschlungen, den Protagonisten nicht ausstehen können, fand die Charakter mehr als nur schwierig, das Thema aber spannend. Ich wollte Mr. Cave selbst in einem Käfig sehen und habe anderseits gehofft, dass ihm schnell geholfen wird. Ein so ambivalentes Buch habe ich schon lange nicht mehr, eventuell noch nie, gelesen. Terence Cave und seine Tochter Bryony haben furchtbares durchleben müssen. Erst der Tod der Mutter von Mr. Cave, dann der Tod seiner Frau und schließlich noch der Tod seines Sohnes und Bryonys Zwillingsbruders Ruben. Jeden von ihnen auf gänzlich unterschiedliche, aber grausame Art und Weise. So viele schmerzliche Verluste. Ich habe Mr. Cave alles und auch wieder nichts zugetraut. Es gab Szenen, in denen ich mir den schlimmsten Ausgang ausgemalt habe, in denen er dann jedoch sehr zurückhaltend, fast liebevoll reagierte. Und dann wieder gab es Szenen, deren grausamer Schrecken erst nach und nach offenbart wurde. Natürlich spitzt sich die Handlung zum Ende hin immer mehr zu und mehr und mehr werden die seelischen Abgründe, vor denen Terence Cave steht, aufgezeigt. Was anfangs als liebevolle Geschichte um einen sorgenvollen Vater beginnt, wandelt sich schnell in einen ungesunden, bedrängenden und beraubenden Mann um, der alles daransetzt, seine Tochter zu besitzen. Vermehrt spricht nicht mehr Sorge aus ihm, die nach solchen Schicksalsschlägen nachvollziehbar ist, sondern der sich seit Jahren einschleichende Wahnsinn. Der Schreibstil ist wie von Matt Haig gewohnt einfach toll. Wortgewandt und einfühlsam wird man als Leser alleine von diesem herausragenden Stil komplett an das Buch gefesselt. Die häufige Verwendung der duzenden Ansprache bindet den Leser noch emotionaler an die Geschichte. Denn geschrieben ist das Buch aus der Sicht von Terence Cave, der oftmals direkt seine Tochter anspricht. Da aber selten ihr Name in dieser Ansprache genutzt wird, wird indirekt der Leser auffordernd angesprochen. Matt Haig spielt mit seinen Figuren und dem Leser wie ein meisterlicher Puppenspieler. Ich fand das Buch nicht gut, ich fand es nicht schlecht. Mir fällt eine Bewertung einfach schwer. Die einzige Empfehlung, die ich an dieser Stelle aussprechen kann ist, dass sich jeder selbst ein Bild von diesem Roman machen muss, der wirklich niemanden unberührt zurücklassen wird.

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