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hermunduh

Posted on 21.3.2022

Slata Roschal,153 Formen des Nichtseins Identitätssuche im Neverland Obgleich ich Slata Roschals Textcollage für keinen Roman halte, begeisterte mich ihre Arbeit vom ersten Satz an. Erzählt wird in oft wilden Fetzen, Sätzen, Suchanzeigen, Mails, Gedächtnisprotokollen usw., die Geschichte einer jungen, russischstämmigen Frau in Deutschland, die sich emanzipiert. Von ihrer Familie, der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, den Ansprüchen diverser Personen, denen sie meint, genügen zu müssen. Interessant ist diese Selbstfindung mit Rückfällen, weil uns Roschal schonungslos die kleine Welt der Diktatur offenlegt, in der sie sich bewegt. Die kleingeistige Familie, die furchtbare Sekte, die vorsintflutlichen Lebensvorstellungen einer Gruppe von Menschen die glaubt, der Untergang des Abendlandes stünde in wenigen Minuten bevor. Nicht ohne sich immer wieder zu hinterfragen, findet die Protagonistin einen Faden, der sie höchstwahrscheinlich raus aus der Isolation führt. »Erst mit sechzehn kaufte ich mir gegen den Willen meiner Mutter Kontaktlinsen und sah die Welt auf einmal scharf.« Roschal spielt smart mit Russen-Community-Klischees und Rezepten für die Rettung der Menschheit. Sie jongliert mit Worten, betastet ihren Körper, beobachtet pausenlos sich selbst und lässt uns teilhaben an den irren Gedanken durchgeknallter SektiererInnen. Vielleicht wäre ein konventionell erzählter Roman die genauere Form, womöglich ist Roschal aber noch nicht so weit, um uns lässig in die die düsteren Keller ihrer weiblichen Hauptfigur zu führen. So bleibt es ein wenig eine Stilübung, die auf mehr hoffen lässt. 153 Formen des Nichtseins, Slata Roschal, Erlangen, homunculus, 2022, 176 S., 22 Euro »Im Geschichtsunterricht, wenn es um Vergewaltigungen deutscher Frauen durch die rote Armee ging, glaubte ich, dringend diskutieren zu müssen, und schlug vor, uns doch über Konzentrationslager zu unterhalten, die Russen hätten zumindest keinem die Haut abgezogen, um daraus Lampenschirme zu machen.«

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