lesezauber_zeilenreise
Kein Krimi, kein Horror, keine Komödie – sondern von allem etwas und doch irgendwie anders Annabell Ballas erwacht im Wald mit eingeschlagenem Schädel und stellt fest: sie ist tot… also eher untot. Noch am Grübeln, wie das nun passiert ist, läuft ihr die 17-jährige Schülerpraktikantin Priscilla über den Weg und lässt ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ergebnis: reinverbissen und schon ist da die nächste Untote! Die beiden machen sich auf den Weg in die Ortschaft, denn Annabell will wissen, warum und wer sie getötet hat. Dabei hinterlassen sie eine Schneise von Blut und Gewebe und immer mehr Untoten. Irgendwann sind alle Einwohner entweder Zombies oder auf dem besten Weg, einer zu werden. Darunter auch der Journalist Lorenz Hardmann, der eigentlich gar nicht dort sein will, wo er ist und der sich zur Wehr setzt, den einen oder anderen Zombie tötet mit dem Ziel, sich so schnell wie möglich davon zu machen – nur raus aus dem Ort, weg von den Untoten. Ob ihm das gelingt? Oder übernehmen die Zombies? Das Cover sowie der Klappentext lassen eine Zombiekomödie erwarten, doch das ist diese Story nicht. Sie ist auch kein richtiger Horrorroman, obwohl es natürlich schon sehr blutig/schleimig/eklig zugeht. Ein Krimi so wirklich auch nicht, auch wenn es ja darum geht, herauszufinden, wer Annabell getötet hat und warum. Ich kann das Buch gar nicht so richtig einordnen und in eine Schublade stecken. Dafür ist es zu – wie soll ich es beschreiben? Facettenreich? Ja, ich glaube, das passt. Die Kapitel sind ultrakurz. Zwei bis drei Seiten nur und jedes hat als Titel den Namen desjenigen, um den es da gerade geht. Es werden also deren Geschichten erzählt. Nein, stimmt nicht. Nicht die Geschichte, sondern die aktuelle Situation, die Gefühlslage desjenigen: • Lorenz, der Journalist, der von seinem Provinzleben angenervt ist und nach höherem strebt. • Bruckmann, vom Ordnungsamt und ein Kotzbrocken erster Güte! Trotz der Kürze der Seiten hat der Autor es geschafft, dass ich den Kerl abgrundtief hasse. • Priscilla, 17 Jahre jung und selbstmordgefährdet (sehr anrührend) • Safranski, Polizist und ein sympathischer Kerl, den ich sehr mag • Hacke-Peter, einst Metzger, jetzt Restaurantbesitzer und seit seinem Unfall, bei dem er eine Hand verloren hat, immer wieder von Depressionen geplagt • Herma, lesbische Weltladenbesitzerin, alleinerziehend und von den Bewohnern bestenfalls belächelt, schlimmstenfalls böse diskriminiert • Bürgermeister Balls – ekelhafter Emporkömmling • seine Frau Annabell, die „Mutter“ der Untoten, die sich nun bewusst ihr bisheriges Leben in Erinnerung zurückruft und zu keinem guten Ergebnis kommt Und noch ein paar mehr. Allesamt nicht zufrieden oder glücklich, dort wo sie sind, mit wem sie sind, wie sie sind. Das Ende ist dann eine ziemliche „Äh! Wie jetzt?!?“-Sache, aber auch echt gut! Die Sprache ist teils deftig, die Szenen auch. Doch es passt einfach. Und es wirkt nach. Ich war direkt nach dem Lesen gedanklich bei 3 oder 3,5 Sternen, bin letztlich dann aber doch bei 4 gelandet. Es spukt noch in meinem Kopf rum. Ich finde es recht außergewöhnlich und einfach mal was anderes.