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kingofmusic

Posted on 10.3.2022

ÜBERRAGEND „Die Welt würde sich nicht verändern, die Gewalt war immer schon da gewesen und würde sich niemals auslöschen lassen, Männer würden sterben durch die Stiefel und Fäuste und Gräueltaten anderer Männer, bis ans Ende der Zeit, und die gesamte Geschichte der Menschheit war eine Geschichte der Gewalt.“ (S. 292) Etwas länger als normal habe ich für Richard Flanagan´s Roman „Der schmale Pfad durchs Hinterland“ gebraucht; für 438 Seiten knapp bzw. etwas über 2 Monate. Das ist aber nicht weiter schlimm, denn so hatte ich länger was von dem (zu Recht) mit dem „Man Booker Prize 2016“ ausgezeichneten Roman. Sprachlich gelegen zwischen lyrisch-poetisch und ekelerregend-brutal - was ein Grund dafür sein dürfte, dass ich immer wieder Pausen einlegen musste, um die Bilder von Enthauptungen, Vivisektion und dergleichen verarbeiten zu können. Ich kann jeden verstehen, der das Buch nicht zu Ende lesen kann – es zieht einen emotional an vielen Stellen ziemlich runter. Allerdings halten sich Brutalität und lyrisch-poetische Passagen in etwa die Waage. Richard Flanagan zeigt den Krieg, wie er war, ist und bleibt – mit aller Härte, mit aller Brutalität. Dabei vergisst er aber auch nicht die Menschlichkeit, zeigt die Menschen hinter den Offizieren, den Aufpassern der Kriegsgefangenen etc.; geht mit ihnen ins Gericht und lässt sie dennoch „würdevoll“ erscheinen – widmet ihnen eigene Erzählstränge, erzählt ihre Lebensgeschichten zu Ende und der geneigten Leserschaft bleibt nichts Anderes übrig, als ihnen zu „verzeihen“, sie als kleines Rad im großen Getriebe des Krieges bzw. der Kriegstreiber zu sehen, denen kaum (keine) Möglichkeiten bleiben, denen das kranke System des Gehorsams gegenüber den Obrigkeiten keine Chance lässt – sofern ihnen ihr Leben lieb ist. Keine ausführliche Rezension kann diesem Meisterwerk gerecht werden; darum beende ich sie genau hier und jetzt. 10 von 5* ©kingofmusic

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