marcello
Bei „A River of Royal Blood” ist mein Interesse entstanden, weil es mich vom Klappentext her an die Dilogie „Iron Flowers“ erinnert hat, die von Tracy Banghart geschrieben wurde, und mich sehr unterhalten hat. Deswegen habe ich mich einfach mal auf Amanda Joy eingelassen, die auf dem deutschen Buchmarkt auch noch ganz neu ist. Ich war dann doch überrascht, wie viel Fantasy-Elemente die Reihe beinhaltet, da der Klappentext das in diesem Ausmaß nicht angedeutet hat. Schlimm fand ich das aber wahrlich nicht, denn es war dennoch eine geschaffene fiktive Welt, in der ich mich gut zurechtfinden konnte und das ist in dem Genre für mich nicht selbstverständlich. So habe ich im letzten Jahr den ersten Band von „Das Reich der Asche“ von Victoria Aveyard gelesen, der mich von vorne bis hinten völlig überfordert hat. Auch wenn „A River of Royal Blood“ deswegen wahrlich nicht kinderleicht gestaltet ist, so war das hier ein wahrer Genuss. Es war komplex, aber man hat gemerkt, dass Joy einen Weg gesucht und meiner Meinung nach auch gefunden hat, um nach und nach die Welt mit Informationen anzureichern. Natürlich hatte ich nach dem Prolog und dem ersten Kapitel noch viel zu viele Fragezeichen im Kopf, aber eher Fragen, die mich zum Weiterlesen angeregt haben und nicht solche, die mich demotiviert haben. In diesem Sinne glaube ich auch, dass ich die von Joy konstruierte Welt sehr gut verstanden habe. Dennoch hätte ich gerne die Serienform gleich mit dabei gehabt, denn leider reicht meine Vorstellungskraft einfach nicht aus, um für die unterschiedlichen Wesen wie Fey etc. sofort ein Bild bei mir entstehen zu lassen, aber ich bin überzeugt, dass es wirklich sehr abwechslungsreich und reizvoll gelungen ist. Kommen wir aber nun zum Inhalt und den Figuren selbst. Eva als Protagonistin ist absolut gelungen, weil man gleich merkt, dass sie gegen das System ist, in dem sie steckt. Dennoch ist sie deswegen noch lange keine klassische Rebellin. Sie hat zwar Vorstellungen, wie es besser laufen könnte, aber gleichzeitig ist sie auch zu sehr voll von Angst, weil sie von ihrer Blut-und-Knochen-Magie das Schlimmste befürchtet, weil sie diese mit der schrecklichen Reina teilt, die die Tradition eingeführt hat, dass Schwestern um den Thron bis auf den Tod kämpfen müssen. Und diese Angst und gleichzeitig auf Demut vor ihren eigenen möglichen Fähigkeiten, das macht sie zu einer wirklich liebenswerten Person. Denn sie will nicht ihre Schwester töten, sie strebt nicht nach Macht, sie strebt eigentlich nur nach Normalität, nach Loyalität, nach Freundschaft untereinander. Und sie stellt sich immer und überall vor die Leute, die ihr wichtig sind. Sie ist für so eine Handlung dann wirklich großartig, weil es erstmal menschlich passt und weil sie gleich als eine von uns inszeniert wird, die erst mit ihren Aufgaben wachsen muss. Die ganzen Nebenfiguren sind auch alle sehr vielversprechend und interessant, nur hier fällt deutlich auf, dass kaum eine Figur neben Eva wirklich so einen tiefen Einblick und Detailliebe bekommt. Einzig Bakkha ist ebenfalls sehr intensiv ausgearbeitet worden und dort wird dann einiges absichtlich verheimlicht, weil die Entdeckungen rund um ihn wohl erst Teil der nächsten Bände werden sollen. Bei den anderen Figuren scheint es aber gar nicht so viel zu verbergen zu geben, weswegen es dann doch schade ist, dass Figuren wie Aketo oder auch alle aus der Leibwache nicht auch mal ihre Geschichte erzählen dürfen. Gerade da viele davon aus dem unterdrückten Volk kommen, wäre hier sehr viel Potenzial gewesen, aber insgesamt klebt die Geschichte zu sehr an Eva. Auch ihre Mutter und die ältere Schwester Isa, die ‚Rivalin‘, sind somit nicht wirklich greifbar. Dazu ist auch auffällig, dass die richtig interessanten Gespräche immer ausgespart wurden. Beispielsweise wollte Aketo Eva etwas zu ihrem Vater erzählen, doch sie hat einfach nicht zugehört. Auch sonst passiert das öfters. Einzig Bakkha kommt ausführlich zu Wort und darf zudem die ganzen Geschichten erzählen, die auch wirklich wichtig sind, weil sie wie weiter oben dann beim World Building helfen. Dennoch ist hier ein deutliches Ungleichgewicht zu merken und ich weiß nicht, ob es eine Hinauszögerungstaktik für weitere Bände ist oder einfach nur schlampiges Arbeiten? Dennoch kann ich mich über den Spannungsbogen des ersten Bandes eigentlich nicht beschweren, denn es gibt immer wieder Höhepunkte in der Handlung, die zwar in sich nicht abwechslungsreich sind, weil es immer Anschläge auf Evas Leben sind und dennoch gelingt immer eine andere Konstruktion, denn manchmal sind es richtige Attentäter, dann wieder Eva liebe Menschen, die verflucht wurden oder es trifft doch die, die sie liebt. Hier gibt es also genug mitzuleiden und man gleitet dadurch gut durch die Geschichte. Am Ende kommt es dann zum Kampf der Rivalinnen und dieser verläuft praktisch antiklimatisch, weil es nicht DER Höhepunkt des Buchs ist. Andererseits finde ich das gar nicht so schlimm, denn das Ende hat zu Eva gepasst und eröffnet ja auch weiterhin genug Möglichkeiten. Dennoch hätte man diesem Kampf intuitiv natürlich mehr Bedeutung zugewiesen. Fazit: „A River of Royal Blood” ist definitiv ein unterhaltsamer Reihenauftakt, weil der Aufbau der fiktiven Welt zwar komplex ist, aber dennoch Stück um Stück einfühlsam aufgebaut wird, so dass man irgendwann wirklich mittendrin ist. Die Idee hinter dem Buch ist vielversprechend und mit Eva gibt es eine überzeugende Protagonistin. Neben ihr verkommt einiges etwas, was doch schade ist, aber vielleicht kommt da noch was? Insgesamt aber auch sehr spannend und mitreißend.