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Wordworld

Posted on 6.3.2022

"Two Sides of the Dark" ist mein erstes Buch von Alexandra Flint, welche ich bisher nur als Bloggerin von Instagram kenne. Neben meinem Motiv, meine Bloggerkollegin zu unterstützen, habe ich das Buch auch wegen des spannend klingenden Klapptextes und (ich geb´s ja zu) wegen des wunderschönen Covers angefragt. Die Geschichte um Taylor und Jo ist zu genau richtigen Teilen geheimnisvoll, spannend und romantisch, gefällt mir unterm Strich also wirklich gut. Leider konnte ich es aber nicht ganz so sehr lieben, wie ich gewollt hatte... Beginnen wir doch aber erstmal mit dem Cover. Der Titel, "Two Sides of the Dark", steht in weißen Großbuchstaben vor einem goldenen Muster aus verschlungenen Kreisen, aus denen einzelne Stücke ausgebrochen und durch DNA-Doppelhelices ersetzt wurden. Der Hintergrund wird von einer schmutzig-blauen, rissigen Betonwand gebildet, welche in Kombination mit den Lichtreflexen im Titel und dem goldenen Hauptmotiv die Science-Fiction-Elemente der Dilogie repräsentiert. Positiv anzumerken ist zudem, dass das verschlungene Motiv auch jeden der 30 Kapitelanfänge ziert. Auch zwei weitere Extras in der Gestaltung möchte ich Euch nicht vorenthalten. Dass eine Playlist vorn im Buch abgedruckt ist, ist mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die Autorin hat jedoch jedem einzelnen Kapitel einen eigenen Song zugeordnet, der die Stimmung oder das Thema im Kapitel wunderbar widerspiegelt. Ich habe etwa in der Hälfte angefangen, beim Lesen tatsächlich in die Songs reinzuhören und kann das wirklich nur weiterempfehlen! Zusätzlich sind am Ende des Romans ein Glossar und ein Personenverzeichnis angefügt. Von solchen Extras bin ich immer ein großer Fan, hier hätte ich beides aber nicht dringend benötigt, da Alexandra Flint zum einen ihre Welt sehr gut erklärt und wir zum anderen noch nicht mit vielen komplizierten Informationen überschüttet werden, die ein solches Verzeichnis notwendig machen würden. Erster Satz: "Ich wette mit euch, sie werden mich wieder gegen Avan antreten lassen." Alexandra Flints brandneue "Emerdale"-Dilogie beginnt mit einem Prolog, der das Ende des Lebens, der Protagonistin markiert, wie sie es kennt: Als die Regierung das geheime Forschungsprojekt Emerdale, wo mithilfe von genetischen Veränderungen Generationen von Supersoldaten herangezogen werden sollen, nach einigen Rückschlägen schließen will, kann die junge Taylor gerade noch fliehen. Zusammen mit einem der führenden Ärzten, der sein gelungenstes Forschungsergebnis nicht aufgeben wollte, wagt sie einen Neuanfang in Los Angeles. Auch Schauspieler Jonathan muss sich schlagartig neu orientieren, als er bei einem Unfall sein Bein verliert. Als die beiden sich an einem elitären Privatcollege über den Weg laufen, funkt es sofort zwischen ihnen. Doch Taylor muss ihn auf Abstand halten, denn Emerdales Häscher sitzen ihr im Nacken und sie hat am eigenen Leib erfahren müssen, dass sie vor nichts zurückschrecken... Trotzdass die Autorin hier eine spannende und mitreißende Geschichte erzählt, die übernatürliche Fantasy- mit dystopischen Science-Fiction-Elementen und einer sanften Liebesgeschichte mixt, bleibt die Handlung hier insgesamt noch zu einfach und lässt an einigen Stellen Potential liegen. Das beginnt damit, dass hier leider an mehreren Stellen bekannte Elemente des Genres auftauchen, weshalb mich vor allem die beiden Figuren und deren Beziehung nicht wirklich emotional berühren konnte, auch wenn die beiden grundsätzlich sehr sympathisch gestaltet waren. Mit Taylor haben wir hier eine typische Special-Snowflake, welche nicht nur durch ihre übernatürlichen Kräfte und ihre Ausbildung zur Supersoldatin vom Durchschnitt abweicht, sondern auch noch innerhalb Ihresgleichen, innerhalb der Dales, durch besondere Fähigkeiten, Resistenzen und Bedeutung hervorsticht. Zu sehen, wie sie verzweifelt versucht, sich nach Jahren in einer Forschungseinrichtung in der normalen Welt zurecht zu finden und dabei nicht weiß, wem sie trauen kann, hat zwar viel Spaß gemacht, mit ihrem teilweise naiven und gefühlsbetonten Verhalten, das den ständig erwähnten messerscharfen Verstand mit dem IQ von 191 etwas zweifelhaft erscheinen lässt, ist sie aber nicht in jeder Situation glaubwürdig. Taylor: "Ich war nicht wie sie und würde es vermutlich auch niemals sein. Dafür hatte ich zu viel erlebt, gesehen, getan. Dafür saß mir zu viel im Nacken. Ich war eine verdammte, tickende Zeitbombe. Und irgendwann würde ich hochgehen." Unser zweiter Ich-Erzähler Jo passt perfekt in die Rolle des gefallene Playboys, der nach einem Unfall erkennt, wie bedeutungslos sein Leben war und durch die Begegnung mit einem ganz besonderen Not-Like-The-Other-Mädchen zur Liebe bekehrt wird. Die ständigen Betonung, dass Jo Taylor toll findet, auch wenn er bislang kein Mädchen ein zweites Mal angesehen hat, haben mich dabei ein wenig genervt. Toll ist hingegen, dass hier mal die Geschlechterrollen vertauscht sind. Statt mal wieder von einer Frau zu schreiben, die sich in einen mächtigen, mysteriösen Fremden verliebt, welcher sie regelmäßig abweist, um sie nicht in seine Probleme mithineinzuziehen, hat Alexandra Flint den Spieß umgedreht und mit Taylor den Part der geheimnisvollen, starken Soldatin, die den schwächeren, gehandicappten Jo vor ihrer gefährlichen Welt beschützt muss weiblich gemacht. Der Wechsel der Rollen bringt frischen Wind und lässt uns die üblichen Rollenverteilungen nochmal hinterfragen. Witzigerweise habe ich nach dem Prolog, in dem wir Taylors Flucht aus Emerdale erleben, automatisch einen männlichen Protagonisten vor Augen gehabt (Stereotypen, der ambige Name und mein unaufmerksames Lesen des Klapptexts lassen grüßen). Erst im ersten Kapitel (genaugenommen beim Satz "ich zupfte am kurzen Saum meines schwarzen Kleides"😂) bemerkt, dass Taylor ja die weibliche Protagonistin ist (ups). Jo: "Die Zeit schien stillzustehen. Gedanken lösten sich auf, machten diesem bittersüßen Verlangen Platz, das jede einzelne Zelle meines Körpers ausfüllte. Hätte ich gekonnt, dann wäre ich für immer in diesem Augenblick abgetaucht und niemals wieder an die Oberfläche gekommen. Wäre in Taylors Nähe ertrunken, völlig berauscht von den unzähligen Gefühlen, die in mir brodelten. Aber Augenblicke waren Augenblicke. Sekundenbruchteile in einer unendlichen Abfolge von Sekundenbruchteilen. Sie geschahen, verstrichen und hatten ein Ende." Dass die Autorin neben der Liebesgeschichte und den dystopischen Elementen noch die Zeit dafür findet, sich mit Jos Verletzung auseinanderzusetzen, kann man ihr ebenfalls positiv anrechnen. Zwar finde ich es etwas unglaubwürdig, dass er auch nach seinem Autounfall, der ihn alles gekostet hat, noch fährt wie ein absoluter Verrückter, ansonsten ist seine Geschichte aber sehr sensibel erzählt. Dasselbe Fingerspitzengefühl zeigt die Autorin beim Aufbau der Beziehung der beiden. Auch wenn ich genau denselben Wechsel aus langsamer Annäherung, Anziehung und dem Versuch, trotzt allem Abstand zu wahren, schon zigmal in umgekehrten Konstellationen gelesen habe, gab es einige wirklich besondere Szenen zwischen den beiden, die mir sehr gut gefallen haben. Neben Taylor und Jo bleiben jedoch auch Nebenfiguren und deren Beziehungen blasser und stereotyper als das angesichts des Umfangs von 480 Seiten erwartbar gewesen wäre. Beispielsweise hätte die Beziehung von Teddy und Taylor Potential gehabt, zu einer komplexen Vater-Tochter-Beziehung zu werden, die gleichzeitig neue Informationen gewährt und in ihrem Spannungsfeld zwischen Vertrauen und Verrat zusätzliche Spannung generiert. Leider bekommen wir aber kaum gemeinsame Szenen mit den beiden und auch über ihn und seine Beweggründe erfahren wir hier (noch) nichts. Genauso ist es mit Jo und dessen Mentor/Freund/Bodyguard Vincent, der in seiner Rolle als Beschützer und Freund viel blasser bleibt, als ich das angesichts seiner sehr liebenswerten Art gehofft hatte. Vielleicht möchte die Autorin dies ja noch im Folgeband weiter ausbauen...? Mich würde es jedenfalls freuen, ich habe ihn sehr schnell ins Herz geschlossen! Auch auf den Auftritt der anderen Dales, die im Glossar nur kurz mit ihren jeweiligen Fähigkeiten genannt werden, und auf Haydens Hintergrundgeschichte sowie dessen Beziehung zu Taylor bin ich sehr gespannt. Vielleicht erfahren wir dann auch endlich, weshalb Taylor so besonders sein soll... Ich hoffe nur inständig, dass das Ganze nicht noch auf eine Dreiecksgeschichte hinausläuft! Taylor: "Lila. Zwei gewisperte Silben, die mich gnadenlos packten und in einen bodenlosen Abgrund aus Kälte und Dunkelheit zogen. Lila. Und dann verschwanden auch die zwei Silben, bis nichts mehr von mir übrig war." Die Idee eine geheime Forschungseinrichtung zum Bösewicht zu machen, vor welcher die Protagonistin fliehen muss, ist ebenfalls keine bahnbrechend neue Idee. Weitaus mehr gestört als die Verwendung des typischen Motivs hat mich jedoch, dass wir bis fast zum Ende keine konkrete Information darüber erhalten, wie Taylors Leben in Emerdale aussah, was sie über ihre Vergangenheit weiß, was genau das Ziel der Einrichtung ist und weshalb der Wissenschaftler und Arzt Theodore mit ihr von dort geflohen ist. Das ist zum Großteil der Tatsache geschuldet, dass Taylor vieles selbst nicht weiß. Ehrlich gesagt unternimmt sie aber auch reichlich wenig, um an neue Informationen zu kommen. Dass die Hintergründe der Handlung so lange undurchsichtig bleiben, trägt natürlich ordentlich zur Spannung des Romans bei. Die Abwesenheit von weiteren Erklärungen und neuen Informationen, die über Vincents kryptisches Gerede über die "Fraktion" oder Haydens noch kryptischere Warnungen, dass sie Theodore nicht vertrauen soll, wird einige Zeit durch die süße Liebesgeschichte kaschiert. Etwa ab der Hälfte fand ich es jedoch echt unbefriedigend, so wenig zu wissen. All diese Kritikpunkte waren auf den letzten 100 Seiten dann aber sehr schnell vergessen. Denn das Ende lässt mit spannenden Wendungen und einem epischen Showdown keine Zeit mehr, nach typischen Tropes und verstrichenem Potential Ausschau zu halten. Das tatsächliche Ende ist dann ein wirklich fiiiiiiieeeser Cliffhanger (für den sich Alexandra Flint auch extra in ihrer Danksagung entschuldig), da ja im Sommer schon Band 2 erscheint, kann ich damit gut leben. Beenden möchte ich meine Rezension noch mit meinem Lieblingszitat: Jo: "Wir glauben, dass wir ewig Zeit für alles haben. Dass sich die Dinge nicht einfach von der einen Sekunde auf die andere verändern. Wie halten fest an der Vorstellung, dass wir in der Lage sind, unseren Weg zu bestimmen, dass wir eine Wahl haben." Eine einzelne Strähne wurde vom Wind in ihre Stirn gewirbelt. Am liebsten hätte ich sie ihr hinters Ohr geschoben, ihre Hand genommen, weil sie so traurig wirkte, so einsam. Doch ich wagte es nicht. "Wir wollen es so sehr glauben, Jo, aber die Wahrheit ist, wir haben nicht annähernd so viel Zeit, wie wir denken. Eigentlich haben wir nicht viel mehr als kurze Momente, winzige Zeitsplitter in der großen Unendlichkeit. Wir vergehen so schnell." Ihr Atem entwich mit einem leisen Seufzen. "Und wir vergessen so schnell." Fazit: Alexandra Flint erzählt in "Two Sides of the Dark" eine spannende und mitreißende Geschichte, die übernatürliche Fantasy- mit dystopischen Science-Fiction-Elementen und einer sanften Liebesgeschichte mixt. Leider verschenkt die Geschichte jedoch viel Potential, da viele Elemente der Handlung bekannt, Charakterkonstellationen stereotypisch und Beziehungen oberflächlich bleiben. Da das Ende wieder viel aufwiegen kann, gibt´s trotzdem eine Leseempfehlung von mir und ich runde meine 3,5 Sterne auf 4 auf!

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