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Die Jagd – Sasha Filipenko Dies ist nach „Rote Kreuze“ und „Der ehemalige Sohn“ bereits mein dritter Roman von Sasha Filipenko. Der in Belarus geborene Autor, der jedoch mit seiner Familie in Deutschland lebt, ist ein scharfer Kritiker der politischen Situation in Russland, sowie in seinem Heimatland. Ich finde es immer wieder mutig, mit welcher verbalen Aggressivität er die Probleme anprangert. Interessanterweise habe ich gelesen, dass dieser Roman in Russland für Buchpreise nominiert ist… Anton Quint, ein idealistischer Journalist kommt an Informationen über die Familie eines reichen Oligarchen, dessen Kinder ihr Heimatland bereits verachten. Der eigene Sohn gibt Informationen an Quint weiter, der diese zu nutzen gedenkt. Der mächtige Slawin allerdings hat Geld und Macht – und jede Menge Helfer unter sich, die gegen Bezahlung zu allem bereit sind. Die Jagd auf Quint ist eröffnet. Der arme Quint ist sich der Gefahr, in der er schwebt gar nicht bewusst…. Tatsächlich muss ich gestehen, dass ich bei diesem Werk anfangs Probleme hatte, in die Geschichte einzutauchen. Zu viele lose Fäden, zu kurz die einzelnen Szenen. Die einführenden Erklärungen fand ich hier auch ein wenig sperrig und ausufernd. Filipenko hat einen ganz speziellen Schreibstil. Er hält immer eine recht große Distanz zu seinen Figuren. Oft ist das auch nötig, denn die Schicksale haben es in sich. Dabei stellt er ein breites Spektrum an Charakteren dar: den Idealisten, den skrupellosen Machtbesessenen, die Mitläufer, die Eingeschüchterten, die Geldgierigen, die Notleidenden, etc. Es hat ganz unterschiedliche Gründe, warum Menschen dem System folgen, oder es zumindest dulden. Wie ich finde, wird das in diesem Buch sehr deutlich. Wenn man aber in der Geschichte angekommen ist, erwartet den Leser eine sehr eindringliche, fesselnde Erzählweise. Die Sätze sind meist knapp. Oft sind Ungeheuerlichkeiten ganz lapidar in Nebensätzen versteckt. Vieles steht zwischen den Zeilen. Das aber sehr deutlich. Filipenko scheint einen tiefen Groll gegen Russland zu verspüren. Immer wieder greift er Land und Leute ganz offen an. Besonders authentisch ist dies, da er sowohl Russland als auch den europäischen Westen tatsächlich kennt. Literarisch ist dieses Werk wieder herausragend. Der Autor schreibt treffsicher, jedes Wort sitzt. Das Motiv der Jagd wird sehr früh eingeführt und immer wieder wiederholt. Damit schafft er eine Drohkulisse, die der Leser sehr deutlich wahrnimmt – das eigentliche arglose Opfer jedoch nicht. Gerade die Aspekte der journalistischen Jagd haben mich sehr oft an die Geschichte „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“ erinnert. Erneut ein wichtiger Roman eines bedeutenden Autoren, das es verdient, viele Leser zu finden. 4 Sterne.