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„...Na ja, jedenfalls werden Naujocks und seine Männer in ein paar Stunden als polnische Rebellen verkleidet unseren eigenen Rundfunksender in Gleiwitz angreifen. Eine unglaubliche Provokation, die wir Deutschen natürlich nicht hinnehmen können...“ Diese Sätze werden zwischen Reichsminister Dr. Hans Frank und dem SA -Mann Ludwig Fischer gewechselt. Wenige Tage später ist Fischer Gouverneur von Warschau. In der polnischen Hauptstadt arbeitet Irena im Sozialamt. Sie nutzt jede Chance, um den sozial Benachteiligten zu helfen. Einige ihrer Freundinnen sind Jüdinnen. Die Autorin hat einen bewegenden historischen Roman geschrieben. Sie hat damit den Frauen ein Denkmal gesetzt, die vielen jüdischen Kindern das Leben gerettet haben. Der Schriftstil ist ausgefeilt. Da die Geschichte in zwei unterschiedlichen, sich abwechselnden Teilen erzählt wird, hat jeder seinen eigenen Stil. Kursiv gedruckt erfahre ich, was die politisch Verantwortlichen so vor haben. Hier sorgen die Worte und die Gespräche für Eiseskälte und Menschenverachtung. Demgegenüber ist bei Irena und ihren Freundinnen viel Mitgefühl zu spüren. Ihre erste Illusion allerdings wird schnell zerstört. „...Aber vielleicht war ja am Ende alles halb so schlimm? Mit Verbündeten wie England und Frankreich würde ein eventueller Krieg nicht lange dauern...“ Mit der Umsiedlung aller Juden ins Ghetto ist der Anfang vom Ende gemacht. Erschüttert hat mich, dass selbst in dieser Lage nach gesellschaftliche Unterschiede eine Rolle spielten. Auch im Ghetto gab es arm und reich. Es waren meist die Kinder, die Nahrungsmittel und Medikamente ins Ghetto geschmuggelt haben. Im Ghetto selbst versuchte man, ein normales Leben zu organisieren. „...Die Ärzte des Ghettos boten Schulungen an, die den Bewohnern die Wichtigkeit von Hygienemaßnahmen vermittelten….“ Besonders bewegend fand ich die Szene, als Dr. Korczak mit den Waisenhauskindern zum Umschlagplatz ging. Er kannte die Zukunft und hat den Kindern trotzdem die Hoffnung nicht genommen. Ziemlich detailliert wird beschrieben, wie es Irena und ihren Freundinnen gelang, Kinder aus den Ghetto zu schmuggeln. Für die Eltern war es eine harte Entscheidung. Es ging um Leben und Tod, bedeutete es doch, dass sie vermutlich ihre Kinder nie wiedersehen würden. Irena hat exakte Aufzeichnungen geführt, in denen der alte und der neue Name enthalten war. Die durften nie in fremde Hände gelangen. Das Buch ist ein Buch gegen das Vergessen. Davon kann es nicht genug geben.