Gabriele
Verwirrspiel hoch drei „Der Hängende, der Unerwünschte und der Vertriebene. In gewissen österreichischen Gemeinden ist das oft ein und dieselbe Person.“ (Seite 11) „Wenn es darum geht, Spielgefährten zu finden, scheint Krimmwing mit einem Schlag nur mehr aus Erwachsenen zu bestehen.“ (Seite 39) Leicht hatte es der Seppi, die eigentliche Hauptperson dieses kurzen Romans, nicht. Ebenso wie andere, die in dem beschriebenen Dorf ihre Schwierigkeiten hatten, weil sie nicht der Norm entsprachen. Spotartig beleuchtet die Autorin die unterschiedlichen Charaktere. Wie überall gibt es in Krimmwing schlagkräftige und friedfertige Leute, sowie einfühlsame und ausgrenzende. Anna Herzig (1987 als Tochter eines Ägypters und einer Kanadierin in Wien geboren) erzählt im ersten Teil „Was man gehört hat“ und im zweiten „Was die Leute sagen“. Wie so oft wissen die anderen oft mehr als die Betroffenen selbst. Insofern beschreibt sie die Dorfbewohner recht treffend. Was mir allerdings gar nicht gefiel, ist das Verwirrspiel zu Beginn der zweiten Hälfte. Da wusste ich oft nicht, um wen es gerade ging. Da fiel es mir schwer Zusammenhänge zum ersten Teil (den ich gar nicht schlecht fand) herzustellen, was mir den Lesegenuss vergällte. Für meinen Geschmack hat die Autorin die Aussagen hier zu sehr reduziert. Erst das Ende kommt wieder versöhnlich daher und mildert das Durcheinander etwas ab. „Irgendwann findet man sich wieder. Beim Psychiater vielleicht, der einem beipflichtet, dass es kühl geworden sei da draußen. Eine erkrankte Gesellschaft, die in ihrer fieberdurchtränkten Hilflosigkeit dorthin treibt, wo sie es am wenigsten spürt.“ (Seite 126). Fazit: Ein Buch, das erst beim zweiten Lesen seine Kraft entfaltet. Das wäre zwar dank der Kürze möglich, verringert allerdings sehr den ersten Lesegenuss. Ich habe erst beim Schreiben dieser Besprechung Gefallen am Buch gefunden, doch das ist mir zu wenig. Von mir erhält es zweieinhalb Sterne.