mabuerele
„...Er hatte gerade eine Nische entdeckt und seine Sackpfeife von der Schulter genommen, da ertönte über ihm ein gellender Schrei. Ehe er begriff, was geschah, hörte er ein knackendes Bersten und keine vier Schritte von ihm entfernt schlug ein Körper auf den Boden auf...“ Sehr schnell ist Gallus, der Musiker, daraufhin verschwunden. Auffallen durfte er nicht schon wieder. Dass am Turm des Ulmer Münsters ein Gerüst zusammengebrochen war, konnte vieles bedeuten. Die Autorin hat eine spannende Fortsetzung íhrer historischen Krimis um die Begine Anna geschrieben. Der Schriftstil ist wie gewohnt ausgefeilt. Er passt sich der historischen Situation an. Anna wurde in die Backstube abkommandiert. Sie soll den Siechenmeister Lazarus so wenig wie möglich treffen. Ihr Verhältnis wäre Wasser auf die Mühle des Hospitalmeisters. Der hat sie sowieso schon auf den Kieker. Hinzu kommt, dass die Verwaltung des Hospitals in städtische Hände übergehen soll. Das passt ihm gar nicht. Rom war schön weit weg. „...Macht, dachte er wütend. Davon würde nicht mehr viel übrig bleiben, wenn der Orden das Spital und somit ihn selbst tatsächlich fallen lassen würde….“ Der Unfall am Turm heizt die Gemüter an. Viele vergleichen das Bauwerk mit den Turm von Babel und fürchten Gottes Zorn. Außerdem waren die Kosten explodiert. Jakob, Annas Bruder, wartet auf den Tag, wo seine Schwester den Siechenmeister heiraten darf. Die Zustimmung von Rom hat er sich teuer erkauft. Annas Leben als Begine ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Es ist seinem Streben nach dem Bürgermeisteramt nicht gerade förderlich. Trotzdem mag er seine Schwester. Das zeigt sich vor allem darin, wie er auf ihre Wünsche für die Zukunft eingeht. Sehr gut werden die Zeitverhältnisse wiedergegeben. Aberglaube ist die Regel, nicht die Ausnahme. Damit kann man sich unliebsame Zeitgenossen vom Halse halten und eventuell deren Vermögen kassieren. Wieder einmal werden die Beginen beschuldigt. Unabhängige Frauen mit reichlich Vermögen sind nicht gern gesehen. Natürlich mischt Anna fleißig bei der Aufklärung der Unfälle mit und bringt sich mehr als einmal in Gefahr. Ausführlich werde ich ebenfalls mit der Medizin der Zeit vertraut gemacht. „...Das Schlehenaschenelixier half bei Gicht und Rheuma, der Meisterwürzwein senkte Fieber und konnte bei Lungenentzündung Leben retten...“ Erstaunlich fand ich die Operation am Kopf. Damit hatte der Verletzte zumindest eine geringe Überlebenschance. Die Geschichte wird logisch zu Ende geführt. Das Nachwort trennt Fiktion von Realität. Das Buch hat mir erneut ausgezeichnet gefallen. Es verknüpft historisches Wissen geschickt mit Spannungselementen.