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gwyn

Posted on 9.2.2022

«Es war dieser eine Sommer, wie es ihn wahrscheinlich nur einmal im Leben gibt. Dieser eine Sommer, den hoffentlich jeder hatte; dieser eine Sommer, in dem sich alles ändert.» Ein fluffiger Stoff mit Sommerfeeling – in tristen Wintertagen ein Hörspaß. Dieser nostalgische Coming-of-Age-Roman spielt im Sommer 1981 in einer fränkischen Stadt. Der 17-jährige Frieder bekommt seine Strafe: Versetzung gefährdet – außer er besteht die Nachprüfung. Er war schon einmal sitzengeblieben; die Prüfung ist seine letzte Chance für das Abitur. Klotzen in den Sommerferien ist angesagt. Während die Familie in den Urlaub fährt, wird Frieder bei den Großeltern einquartiert. Latein und Mathe lernen mit dem mürrischen, strengen Großvater, der Bakteriologe Professor Dr. Walther Schäfer, den Frieder siezen musste, bis er zehn Jahre alt war. Heiliger Bimbam, das mag was werden. Immerhin bleibt auch Schwester Alma zurück, die ein Praktikum in einem Pflegeheim absolvieren muss und im Schwesternheim für diese Zeit wohnt. Alma und Frieder sind gleichzeitig auch die besten Freunde; und dann gibt da noch den besten Freund Johann, ein ziemlich cooler Typ, der ja nicht die ganzen Ferien über in den Urlaub verschwindet. Und Beate, das Mädchen aus dem Schwimmbad, das mit dem grünen Badeanzug; in das Frieder sich verknallt, für die er Lebkuchen klaut – frischer Lebkuchen aus der Fabrik. «Sie roch so klar wie jemand, der im Winter aus der Kälte ins Haus kommt. Und etwas Süßes war da auch, aber nur entfernt und nur ein Hauch wie … ja, wie Robinienblüten im Frühsommer vor meinem Fenster. Nichts Schweres. Schwebend.» Der erste Sprung vom Siebeneinhalber, die erste Liebe, Familiengeheimnisse, ein Trauerfall, eine Katastrophe ... Sie begrüßen sich bei erhobener Faust mit «Rotfront», saufen, rauchen, haben Blödsinn im Kopf. Die Bundesjugendspiele mit einem provokanten Plakat verhöhnen, nachts ins Schwimmbad einsteigen und erwischt werden, mit einem Bagger in einer Sandgrube fahren, bis er kaputt ist, heimlich alte Tagebücher der Oma lesen ... es passiert neben dem Pauken so einiges. Freundschaft, Liebe und Enttäuschung liegen oft eng beieinander. Der Roman ist kein großer Wurf, aber ich würde ihn doch als nette Unterhaltung bezeichnen. Auf jeden Fall gibt er rundherum atmosphärisch die Achtziger gut wieder. Die Charaktere hätten ein wenig mehr Schliff und Tiefe nötig gehabt, manchmal wirkt das alles arg klischeehaft. Es gibt sehr feine Passagen, besonders, wenn es um die Großeltern geht, viel Humor; aber manche Stellen waren mir doch ein wenig rührselig. Summa summarum ein unterhaltsamer Entwicklungsroman für nebenbei. Ewald Arenz, 1965 in Nürnberg geboren, hat englische und amerikanische Literatur und Geschichte studiert. Er arbeitet als Lehrer an einem Gymnasium in Nürnberg. Seine Romane und Theaterstücke sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden. ‹Alte Sorten› stand 2019 auf der Shortlist ‹Lieblingsbuch der Unabhängigen›. Der Autor lebt mit seiner Familie in der Nähe von Fürth.

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