susan kon
Diesen Roman habe ich als Jugendliche mindestens einmal gelesen und später auch ab und zu darin geblättert. Für mich ist die Geschichte in erster Linie romantisch gewesen und wie bei so vielen Geschichten aus dieser Zeit habe ich mich geärgert, wenn die weiblichen Hauptfiguren nicht aus ihrer Zeit heraus konnten, obwohl sie selbständiger sein wollten. Hauptthema: Wie bekomme ich einen Mann. Hauptbeschäftigung: Tanzen auf Bällen. Nichts gegen Tanzen, ob allein oder mit dem Lebenspartner (allein beim Wort gerate ich ins Träumen) aber als Lebensinhalt? Im Vorwort steht viel von Ironie. Das hat mich bisher immer irritiert. Die Ironie habe ich wohl erst auf dieser Reise 2009 entdeckt und verstanden. Beim Lesen der ersten Seiten habe ich herzlich gelacht und kam aus dem Lachen fast nicht mehr heraus. Ich habe entdeckt, wie absurd und lächerlich sich die Personen verhalten, die Hauptperson, die dies erkennt, die ich bisher aber idealisiert hatte (daher war ich auch vom Schluss enttäuscht), eingeschlossen. Trotzdem bleiben Jane und Lizzy liebenswert und auch die anderen Charaktere werden genau gezeichnet und dadurch interessant (wenn auch Lizzies Mutter und Darcies Tante unsympathisch bleiben). Einen schönen Satz über die Liebe habe ich auch gefunden: "She began now to comprehend that he was exactly the man, who, in disposition and talents, would most suit her. His understanding and temper, though unlike her own, would have answered all her wishes. It was an union that must have been to the advantage of both; by her ease and liveliness, his mind might have been softened, his manners improved, and from his judgement, information, and knowledge of the world, she must have received beneft of greater importance. But no such happy marriage could now teach the admiring multitude what connubial felicity really was." Außerdem habe ich jetzt den Realismus in Ihrem Handeln entdeckt und bringe auch heute dafür Verständnis auf. Ohne Heirat gab es weder finanzielle Sicherheit noch eine gute gesellschaftliche Position. Wenn die Frauen das Beste daraus machen wollten, suchten sie eine Verbindung von Liebe und Sicherheit. (Ist dies denn heute soviel anders?) Für Lizzy wird dies möglich. Eine Mischung von Anziehung und Herausforderung gab es tatsächlich von Anfang an, aber nicht Sympathie. Die Sympathie ist durch Darcies Hilfe für ihre Schwester entstanden (so wie ihre größte Aversion, als er vermeintlich gegen Bekannte bzw. ihre andere Schwester agitiert hatte), weil so zum einen sein hilfsbereiter Charakter, seine Liebe für sie und sein Wille, die Heirat für sich und seinen Freund zu ermöglichen, indem er das Ansehen der gesamten Familie rettet, deutlich wird. Aber sie fühlt mehr als Dankbarkeit und Respekt. Sie ist wirklich gern in seiner Gesellschaft; sie unterhalten sich seit Beginn der Bekanntschaft immer wieder an den verschiedensten Orten auf langen Spaziergängen. Mir ist diesmal auch besonders aufgefallen, dass die obere Gesellschaft früher ihre Parks tatsächlich zum Spazierengehen nutzte, so wie die Touristen heute. Ich hatte Lizzy viel wilder in Erinnerung, dabei ist sie stolz auf ihr gutes Benehmen und ihr Taktgefühl in Gesellschaft - oder ist dies wieder eine ironische Doppeldeutigkeit der Autorin? Denn es gibt zum Auftakt eine Geschichte, in der sie abgekämpft nach einer langen Wanderung beim Nachbarn eintrifft (die sie aber nur aus Mitgefühl unternommen hat) - damals beginnt Darcy sich zu verlieben - obwohl alle anderen sie ablehnen. Außerdem traut sie sich zu widersprechen.