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stricki

Posted on 2.2.2022

Sehnsucht und Hoffnungslosigkeit 17 Kurzgeschichten, deren Gemeinsamkeit die Traurigkeit ist. ProtagonistInnen, die sich nicht liebenswert fühlen, die von der Welt abgehängt wurden, die vielem überdrüssig sind. Die Liebe in hoffnungslos unromantischen Affären suchen. Menschen mit geringem Selbstwertgefühl, die sich vom Leben betrogen fühlen oder einer Erinnerung nachtrauern, die so nie statt gefunden hat. Mir war es insgesamt zu viel "Liebhaber" und fieser Sex. Gefühlt befanden sich alle in einer Sackgasse, gefangen in einer langweilig gewordenen Ehe, mal mit, mal ohne Geld. Und oftmals scheint nur die nächste Affäre für die dringend benötigte Abwechslung sorgen zu können. Das ärgerte mich relativ schnell. Frauen definieren sich doch nicht nur über ihre Attraktivität! Und eine gute Shortstory braucht keine Sexszene, wie "Schweiß" deutlich zeigt, eine tolle Geschichte um zwei Zwillingsmädchen, die unter mysteriösen Umständen ums Leben kommen - die Erzählerin beendet die Geschichte damit, dass sie sich am unheimlichen Ort mit dem Lover zum Stelldichein trifft. Warum? Aber - drei Geschichten stachen für mich heraus. In einer dreht sich alles um den Partykeller einer reichen Familie, das Zentrum von Vater, Mutter, Kind. Eine sehr intensive, originelle Story, die ich mit allen Sinnen erlebte. Dann haben wir noch einen Großvater, der viele Jahre Berge an Orangen bestellt, und beim Genuss in seinen Erinnerungen an Afrika schwelgt. Eine Geschichte, die mich emotional berührte und mich mit ihrem Ende überraschte. Und eine, wo eine Frau ihrem Freund Emails schreibt. Fernbeziehung. Wir lesen nur ihre Nachrichten, die eine gefühlsmäßige Achterbahn darstellen. Hier konnte ich wunderbar mitfiebern, und mich abwechselnd wundern, wer jetzt von beiden derjenige mit den größeren Problemen ist. Unglaublich lebendig. Sarah Pines Schreibstil variiert für mich sehr, je nach Kurzgeschichte. Manchmal hatte ich das Gefühl, hier liegen Jahre zwischen den Geschichten. Einerseits arbeitet sie mit vielen bildhaften Beschreibungen, mit Farben und Gerüchen, andererseits wird viel ausgelassen und es folgen abrupte Szenenwechsel, wo ich nicht so schnell hinterhergekommen bin. Sie hat auf jeden Fall Potenzial, die guten Geschichten fand ich richtig gut, davon hätte ich gern mehr gehabt.

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