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kingofmusic

Posted on 22.1.2022

„Das Leben ist keine symmetrisch angeordnete Reihe von Wagenlampen; das Leben ist ein leuchtender Nimbus, eine halbdurchsichtige Hülle, die uns vom Anfang unseres Bewusstseins an bis zum Ende umgibt.“ (Virginia Woolf) Irgendwie musste ich während der Lektüre von Damon Galgut´s Debütroman, der (so viel vorab) völlig zu Recht mit dem „Booker“-Preis 2021 ausgezeichnet wurde und in der Übersetzung von Thomas Mohr im Luchterhand Literaturverlag erschienen ist, immer an eine der Meisterinnen des sogenannten Bewusstseinstroms denken; soviel zum Bezug zum einleitenden Zitat. Zwar folgen die Leserinnen und Leser in „Das Versprechen“ der Familie Swart über einen Zeitraum von ungefähr 40 Jahren (und nicht nur einen Tag), aber eine „auserzählte“ Geschichte ist es trotzdem nicht; Damon Galgut überlässt viel der Phantasie der geneigten Leserschaft und bringt den einen oder die andere dazu, die im Buch angesprochenen Themen (Geschichte Südafrikas) näher zu recherchieren, auch wenn es für den Verlauf der Geschichte um ein auf dem Totenbett gegebenes Versprechen nicht zwingend von Relevanz ist. Recht schnell (spätestens während oder nach dem zweiten Abschnitt) weiß man als Leser, für was die den vier Abschnitten vorangestellten Namen stehen. Ich verrate es an dieser Stelle nicht. Tatsache ist jedoch, dass Herr Galgut mit den Personen der Familie Swart nicht zimperlich umgeht und sie mit all ihren Macken, Ecken und Kanten präsentiert. Dazu reicht er eine fette Portion Sarkasmus und auch die ein oder andere (tragische) Situationskomik. Manchmal möchte einem das Lachen am liebsten im Hals stecken bleiben, aber so ganz gelingt es nicht ha ha ha. Neben den Swarts sind die eigentlichen „Helden“ der Geschichte allerdings Rand- und Nebenfiguren sowie Beobachtungen von (ungewöhnlichen) Handlungen und Orten. So begleiten wir etwa herumstreunende Schakale, lernen kurzzeitig einen Obdachlosen namens Bob kennen (den man unweigerlich ins Herz schließt) oder gucken einem Mitarbeiter eines Krematoriums über die Schulter. Das alles wird in einem zunächst unübersichtlich anmutendem „Strom“ präsentiert (und das auch noch ohne „wörtliche Rede“!). Doch hat man sich an die ungewöhnliche Art gewöhnt (direkte Ansprache der Leserschaft, Selbstironie des Erzählers, wechselnde Perspektiven von Satz zu Satz (auch hier eine Gemeinsamkeit mit „Mrs. Dalloway) und dem Einbau von Geisterperspektiven), bleibt unterm Strich ein überragender Roman, dem man bei wiederholter Lektüre garantiert noch mehr „entlocken“ kann. Ganz klar eines der Highlights in diesem Jahr – so viel steht schon mal fest! Glasklare Leseempfehlung und verdiente 5*! ©kingofmusic

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