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gwyn

Posted on 8.1.2022

«Können Sie am Ende des Tages nach dem x-ten All-HandsEvent und diversen Extrameilen noch ganz unaufgeregt eine freshe Keynote fürs Kickoff halten? Haben Ihre Kolleginnen/Mitarbeiter auch prodynamische Visionen für einen agilen Knowhow-Transfer in der modernen VUCA-Welt? Dann sollten wir uns zeitnah austauschen, vollumfänglich committen, einen crossdivisionalen Transformationsprozess auf Green-Deal-Basis andenken … und nachhaltig aufs Gleis setzen.» Lasst uns über Active Sourcing, Policity, Skill Level, Bandwidth oder vom syncen reden; morgens ordentlich delivern, mittags einmal alles durchchangen, nachmittags die Partnerlandschaft optimieren und on top abends das Mindset reflektieren? Doch wo bitte sehr ist da der Benefit? «Wie languagen wir das Ding?» – bedeutet schlicht: Wie heben wir die Kuh vom Eis. Denglisch ist in. In Fremdsprache verpackt klingt alles nicht ganz so schlimm – dafür aber intellektuell, weltmännisch und abgehoben. Und man mag auch nicht immer zugeben, wenn man irgendetwas nicht verstanden hat. Hier ist nun das Bürolexikon für Superspeader, um nachzuschlagen, was die Opinion-Leader für eine long term strategy haben, um es auf die need-to-know-Basis zu senden. Der Journalist Hermann Ehmann hat «verbale Seifenblasen, sinnlose Plattitüden, wertlose Wörter», eben Angeber- und Verdunklungsfloskeln gesammelt, sie übersetzt und ausgelegt. Das mit großem Schalk im Nacken – aber doch ernst gemeint. Hermann Ehmann beschreibt, wie viele dieser Floskeln gern als rhetorische Verschleierungstaktik eingesetzt wird, um Sachverhalte aufzubrezeln oder runterzuspielen: «Verschlanken, freistellen, gesundschrumpfen – sie alle bedeuten nichts anderes als ‹kündigen›. Und wer «als visionärer Begeisterungsträger etwas bewegen will, wird keinen Stein auf dem anderen lassen» und eine «Headcountreduktion ist in Wahrheit eine Massenentlassung». Also Vorsicht, wenn englische Vokabeln fallen – sie könnten reale Sachverhalte verschleiern wollen. Sprache ist ein Machtinstrument. Verschleiern, weichspülen, abgehoben sein, sich mit Plattitüden und wertlosen Worthülsen umgeben, oder einfach nur mitmachen wollen – lasst uns Tacheles reden! Das Lexikon beginnt mit «Achiever: wörtlich «Durchführer»; hat den Performer hinter sich gelassen und wird in Leistungsklassen, sogenannte Achievings, eingeteilt: No-Achiever, Under-Achiever, Low-, Key-, High-, Mega-, Over-, Top-, Best-Achiever. Mit dem passenden ➝ on brand Wording soll schon manch eine/r flott die Karriereleiter hochgefallen sein.» und endet mit «zuvorderst». Hier wird auf humorvoll-erste Weise moderne Bürokommunikation auseinandergenommen. Und zwischendurch gibt es Tabellen zur Floskel-Sprache nachzulesen: «Wichtigtuerphrasen, Hinhalte- und Durchhalteplattitüden, Antreiber- und Manipulationsfloskeln, Weichspül-Euphemismen». Ein unterhaltsames Buch, das durch den Bürophrasendschungel führt. ««Ich highlightete, du highlightetest, er/sie/es highlightete … sie highlighteten … gehighlighted, highlightend … ich werde highlighten, du wirst highlighten … Alle Textsegmente können mit Mausklick gehighlighted werden.» www.duden Hermann Ehmann ist promovierter Sprachwissenschaftler. Sein Spezialgebiet und Steckenpferd ist der Sprachwandel.

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