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In ihrem historischen Roman „Gold und Ehre“ nimmt Sabine Weiß den Leser mit in die Mitte des 17. Jahrhundert nach Amsterdam und Hamburg und wartet mit facettenreichen Einblicken in die Lebens- und Arbeitsbedingungen der damaligen Zeit auf. Die Niederlande befinden sich auf dem Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Blütezeit; in der Hamburger Neustadt haben die Bauarbeiten an der St. Michaelis-Kirche begonnen. Die Geschichte beginnt im Sommer 1650 und wird in mehreren Handlungssträngen erzählt. Für den 19-jährigen Benjamin Aard - talentierter Spross einer Amsterdamer Architektenfamilie - und seinem Cousin Theo hat eine kleine Unachtsamkeit bei einem wissenschaftlichen Experiment einschneidende Folgen: Während der medizinisch interessierte Theo zu einer Lehre bei einem Schiffsarzt gezwungen wird und auf große Fahrt gehen muss, wird Benjamin von seinem Vater Michiel nach Hamburg strafversetzt und soll dort den Bau des Hauses eines in der Hansestadt ansässigen Niederländers übernehmen. Nach einem denkbar schlechten Start in Hamburg – Benjamin wird belogen, verprügelt und ausgeraubt - lernt er die junge Steinhändlerin Lucia kennen und verliebt sich in sie. Kaum hat Benjamin in Hamburg einigermaßen Fuß gefasst, wird er jedoch von seinem Vater nach Amsterdam zurückbeordert. Michiel will seine politische Karriere vorantreiben und braucht Benjamin und sein Können im Familienunternehmen. Lucia bleibt zurück… Sabine Weiß erzählt diese Geschichte sehr unterhaltsam, jede Szene wirkt lebendig und ist fesselnd, so dass ich nicht nur ruckzuck mittendrin im Geschehen war und mir die Handlungsorte und die vorherrschenden Gegebenheiten bestens vorstellen konnte, ich wurde auch von den Höhen und Tiefen, die Benjamin, Lucia und Theo durchstehen mussten, mitgerissen und war stets neugierig darauf, was wohl als nächstes passieren wird. Die Autorin hat das Leben und das Schicksal ihrer Protagonisten eng mit den historischen Umständen und den Herausforderungen der damaligen Zeit verflochten. Man bekommt nicht nur einen guten Einblick in die sozialen Strukturen des 17. Jahrhunderts und lernt die unterschiedlichen Gepflogenheiten und Werte der Menschen kennen, es werden auch viele reale Ereignisse der Zeit sehr eindringlich geschildert. Zentrales Thema ist die Baukunst der damaligen Zeit. Neben der Errichtung des Hamburger Michels und des Amsterdamer Stadhuis werden die unterschiedlichsten Bereiche des Bauhandwerkes beschrieben. Es geht um Baustile, Fassadengestaltung, die Herstellung von künstlichem Marmor und vieles mehr. Auch der Fernhandel, der Alltag auf See einschließlich der vielen Widrigkeiten, die die Seefahrt mit sich brachte, die Arbeit eines Schiffsarztes und die Gräuel des Sklavenhandels werden beleuchtet. Zudem spielt die politische Lage eine große Rolle. Diplomatische Verwicklungen, die Intrigen und Ränkespiele der Reichen und Mächtigen und die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den Niederlanden und England sind genauso Teil der Handlung wie das gesellschaftliche Leben und das Miteinander bzw. Gegeneinander der religiösen Gemeinschaften. Besonders begeistert hat mich das stimmige Bild, das Sabine Weiß zeichnet. Das Zusammenspiel zwischen den zahlreichen historischen Persönlichkeiten und fiktiven Figuren funktioniert reibungslos; reale Ereignisse und Romanhandlung werden zu einer Einheit. Alles passt zusammen und wirkt durchweg echt und glaubwürdig – ein historischer Roman ganz nach meinem Geschmack.