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Political Correctness Wieder ein Buch von Maxim Biller. Und wieder ein kontroverses Buch! Kann wahrscheinlich gar nicht anders sein. Der Autor zieht ja so ein Erleben magisch an. So ein Empfinden seiner Bücher scheint ja vielleicht auch gewollt zu sein. Auch so tritt man Debatten los und ein Nachdenken über gewisse Dinge und ein Nachdenken kann ja nie schlecht sein. "Der falsche Gruß" ist ein etwas verworren geschriebenes Buch, durch eine nicht chronologisch geordnete Handlung springt das Buch in die verschiedenen Zeiten des Geschehens. Schon das allein verwirrt etwas. Dann nimmt sich der Autor hier unsere, die deutsche Eigensicht vor. "Der falsche Gruß" ist ein Buch über den schönen Schein und das wirkliche Sein, ein Buch über Political Correctness, ein Buch über Widersprüche, ein Buch über Gegensätze, ein Buch über eine nicht vorhandene Ehrlichkeit, ein Buch über die Scheinheiligkeit. Ein interessantes Buch. Und eine interessante Sichtweise! Erck Dessauer, der Titelheld des Buches, ist ein ehemaliger Leipziger, der aus seiner Stadt nach Berlin flieht. Warum macht er das? Leipzig ist doch ein schönes Pflaster. Für Erck Dessauer aber weniger, zerbricht doch an diesem Ort seine Familienidylle. Obwohl ich mir Idylle in Bezug zu Maxim Billers Werken gar nicht vorstellen mag. Der Vater, erst 1968 in die Partei (SED) eingetreten, von der Wende böse überrascht, bringt sich schließlich um. Für Erck bezeichnend verbleibt ein Gespräch mit seinem Vater über einen Artikel in einer politischen Zeitschrift über die DDR und ihre Bewohner. In diesem Artikel blickt der Autor etwas reißerisch auf das Geschehen, vermarktet eher sich selbst als die Wahrheit, dies kränkt natürlich und verfestigt ein Die- und Wir-Denken, eine Spaltung in Ostler und in Westler. Ein Denken, welches in manchem Kopf auch im Jetzt besteht und ein Denken, welches von manchem Kopf auch im Jetzt befeuert wird. Für Erck war dieser Artikel/das darin begründete Denken/die darin bestehende Enttäuschung ursächlich für den Freitod des Vaters, neben anderen Ursachen auch. Auch die Mutter verlässt Erck und ihren Mann, geht in eine Jerusalemer Einrichtung um Buße zu tun, hatte sie doch in der eigenen Familie Nationalsozialisten. ... Dieses Konglomerat aus Erinnerungen lässt Erck schließlich aus Leipzig verschwinden, er glaubt in Leipzig zu ersticken. In Berlin in der Literaturwelt bietet sich Erck schließlich eine Möglichkeit zur Rache, die er erfolgreich nutzt, aber die Welt ist klein. Und die Möglichkeit einer Revanche/die Scheinheiligkeit der Gesellschaft/der mögliche eigene Untergang verleiten den etwas paranoiden Erck schließlich zu einer unüberlegten/überlegten Tat, denn opportun ist er hier nicht, aber national ist er in meinen Augen auch nicht, er will schockieren/abschrecken/bloßstellen/sich selbst schützen und verzweifelt schließlich an seinem Übermut/an der Situation/an seiner Paranoia. Ob die neuen Rechten auch bloß schockieren wollen, bezweifele ich, ob dieses Gleichnis passt, bezweifele ich ebenso. Aber wie der bisherige Umgang mit dieser politischen Rechten seitens des Staates war, könnte man meinen der Staat dachte bisher, die wollen nur spielen. Doch dies wollen sie mitnichten. Womit wieder die Scheinheiligkeit ins Spiel kommt.