bastilkarton
Der Schreibstil war gewohnt angenehm- man kann durch die Seiten fliegen, es fühlt sich authentisch und lebensnah an, man findet ohne Probleme in die Story und hat auch direkt einen Draht zu Roxy und Shaw, die mir beide als Charaktere sehr sympathisch sind. Vollkommen menschlich, selbst Handlungen, die ich selbst nicht so getan hätte wie sie, sind aus ihrer Sicht heraus plausibel. Ich mag die Chemie zwischen den Beiden, wie sie sich gegenseitig ergänzen, wie stark ihre Freundschaft ist. Und ich denke, es ist kein Geheimnis oder Spoiler angesichts der beiliegenden Illustration, wenn ich verrate, dass auch ein bisschen knisternde Romantik zwischen den beiden aufbrandet- die nachvollziehbar vorbereitet und aufgebaut wurde und somit absolut organisch und echt wirkt. Die illustrierte Szene ist eine meiner liebsten der ganzen Reihe, unglaublich magisch und berührend, ich denke, es ist eine dieser Momente, die man nicht so schnell vergisst. Mühelos kann zwischen der leisen Romantik und der lauten Spannung gewechselt werden, und auf künstliches Drama wird weitesgehend verzichtet, da die Geistermission genügend Herausforderungen für die beiden bereithalten. Roxys abweisendes Verhalten hielt meiner Meinung nach zu lange an und hat mich irgendwann etwas genervt, da es aber nicht bis zum Ende durchgezogen worden ist, kann ich darüber ganz gut hinwegsehen. Geistergeschichten üben allgemein eine besondere Faszination auf mich aus, dementsprechend gerne mag ich den Fantasyaspekt in diesem Band. Roxy muss die Seelen, die sie befreit hat, zurück in die Unterwelt befördern, was sie quer durch Europa führt. Prinzipiell mag ich, wie die Schauplätze immer wieder wechseln, wobei besonders in Prag ein längerer Stop eingelegt wird. Offen gestanden war mir diese Sequenz sogar zu lang- eine ganze Weile hat es sich immer um dieselbe entflohene Seele gehandelt, die für die Handlung zuständig war, und auch, wenn sich dieser Fall in einem recht interessanten Showdown zugespitzt hat, hat sich dieser Aspekt für mich etwas in die Länge gezogen. Generell war die 1. Hälfte, wie bereits angedeutet, deutlich ruhiger, hatte an mehreren Stellen ein paar Längen, auf die ich hätte verzichten können. Zwischenzeitlich musste ich mich etwas motivieren, an dem Buch weiterzulesen, was ich von den Midnight Chronicles so eigentlich nicht gewöhnt bin. Aber dann. Aber dann kam das Ende. Und in Retrospektive denke ich, dass es von Bianca Iosivoni sehr clever gelöst war, die erste Hälfte so ruhig zu gestalten, da das Ende dadurch viel mehr Gewicht erhalten hat und einen noch stärker getroffen hat. Generell, das gesamte letzte Drittel hat für mich das Buch noch einmal so richtig lesenswert gemacht. Es kam ein erster großer Plottwists, und ich war schon zufrieden, die Handlung für den nächsten Band war gesichert. Aber insbesondere das Finale hat mich dann endgültig abgeholt. Der nächste Band verspricht, sehr, sehr spannend zu werden. Es wurde etwas durchgezogen, was ich für Bücher dieser Art recht ungewöhnlich ist, wie ich finde- ohne an dieser Stelle zu viel zu Spoilern, aber oftmals scheinen die Autoren davor doch zurückzuschrecken- und ich liebe, wie Bianca Iosivoni es sich getraut hat, uns als Leser schweben und im Dunkeln tappen lässt. "Dunkelsplitter" hat mich mit einem Gefühlscocktail zurückgelassen. Eine Prise Fassungslosigkeit über die Ereignisse, Neugier, Zufriedenheit, eine Spur Enttäuschung über den Anfang, aber umso mehr Freude, dass die Reihe weiter auf so hohem Niveau fortgeführt worden ist und mich auch die restlichen Bände herbeifiebern lässt. Ich bleibe trotz der kleinen Kritiken bei meiner Meinung: lest diese Reihe! Lasst euch auf Shaw und Roxy ein, begleitet sie auf ihrer rasanten Reise und lasst euch genauso verzaubern, wie ich es getan habe. Ein rundherum rundes Buch, das ich mit einem Lächeln in mein Regal schieben werde.