Merle
Danke an NetGalley und den Ullstein Verlag, die mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt Tränen im Asia-Markt ist eine autobiographische Geschichte, in der die Autorin Michelle Zauner den Tod ihrer Mutter verarbeitet. Mir fällt es unglaublich schwer, eine Biografie zu bewerten. Denn inhaltlich ist ja nichts ausgedacht, und da fühlt es sich falsch an, die „Spannung der Geschichte“ oder „wie realistisch sind die Charaktere?“ als Bewertungskriterien zu nehmen. Inhaltlich hat mir die Geschichte extrem gut gefallen. Meine Bewertung bezieht sich nur auf den Aufbau und den Stil. Denn ich persönlich fand die Struktur etwas „wischi waschi“ zwischendurch; vielleicht hätte ein Aufbau als Sammlung von Essays oder Briefen besser funktioniert? Aber es hat beim Lesen auch so gewirkt, als wäre es überhaupt kein Buch für Außenstehende, sondern nur für die Autorin selbst ein Medium zur Trauerbewältigung, und dann wäre es ja egal, wie gut der Aufbau für andere Leser*innen funktioniert. Und den Stil fand ich teilweise auch etwas plump und einfach; denn ja: auch Sachbücher und Memoiren können schön geschrieben werden. Okay, nachdem ich jetzt hier nur negatives aufgezählt habe, kommen wir zu dem positiven. In dem Buch lernt man extrem viel über koreanische Kultur. Tipp: lest das Buch nicht hungrig. Denn es reiht sich eine Essensbeschreibung an die nächste. Und da ist mir echt das Wasser im Mund zusammengelaufen. Viele Wörter sind dabei auf Koreanisch und werden auch nicht übersetzt. Für mich war das okay; ich habe vom Kontext her ungefähr verstanden worum es ging und hatte nicht das Bedürfnis, jedes Wort einzeln nachzuschlagen. Inhaltlich ist es eine super traurige und berührende Geschichte. Als Michelle erfährt, dass ihre Mutter Krebs hat, zieht sie wieder zuhause ein und versucht, ihre Eltern zu unterstützen. Ihr Vater ist Amerikaner, ihre Mutter Koreanerin. Und während der Pflege ihrer Mutter fällt ihr auf, wie stark ihre koreanische „Seite“ von ihrer Mutter abhängig ist: was bleibt ihr noch von Korea, wenn ihre Mutter tot ist? Die ganzen Gerichte z.B., die sie ihrer Mutter so gerne kochen würde, wie ihre Mutter damals für sie – Michelle kennt die Rezepte einfach nicht. Sie hat Angst, die Bindung zu ihren koreanischen Wurzeln zu verlieren. In dem Memoir besinnt Michelle sich zurück auf ihre Kindheit, ihre Jugend, die Zeit in Korea und immer wieder das Essen, das sie mit ihrer Mutter verbindet. Inhaltlich will ich euch allen die Geschichte extrem ans Herz legen, aber seid euch bitte bewusst, dass es stilistisch kein Meisterwerk ist. Ich gebe 4 von 5 Sternen.