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renee

Posted on 31.12.2021

Zerrissenheit Fatima, die jüngste Tochter algerischer Einwanderer im Banlieue Clichy, einem Vorort von Paris in Frankreich, blickt hier in diesem Buch auf ihr Leben, auf ihre Familie, auf ihr Selbstbild, auf die Gewalt und die fehlende Bildung in dieser Familie, auf die Stellung der Frau in dieser Familie, in ihrer Familie. Ist gefangen in dem Bild, dass ihre Familie von ihr hat, haben will, dem sie aber nicht entspricht, nicht entsprechen kann. Ist gefangen in dem Bild, dass das islamische Weltbild ihrer Familie ihr aufzwingt. Denn auch diesem Bild und diesen Wertvorstellungen entspricht Fatima nicht. Fatima liebt Frauen und hat ein anderes Selbstbild und ein anderes Auftreten für ihre Umgebung als ihre Familie, ihre Kultur und ihr Glauben von ihr fordern. Fatima verzweifelt über den Wertvorstellungen ihrer Außenwelt, lebt sie doch in Frankreich, wo ein anderes Leben, ein queeres Leben möglich wäre. Aber auch in Frankreich gibt es die ewig Gestrigen, gegen jene die queeren Menschen ankämpfen müssen. Und dieser Kampf fordert Opfergaben. Wer kann schon immer ohne Folgen und Spuren auf einem Schlachtfeld stehen? Man merkt diese Spuren in einer Zerrissenheit von Fatima, einer Unsicherheit, in ihren Bindungsstörungen, ihren Zweifeln, ihrer Aggression. Denn diese so wichtige Zeit der Findung, dieses Coming of age ist bei homosexuellen Jugendlichen noch viel heftiger, noch viel intensiver. Andere können miteinander reden, Fatima kann das nicht. Fatima kann nur über eine Freundin mit anderen sprechen, anderen über diese Freundin berichten, über das Erleben dieser "Freundin" ihre Fragen stellen. Sie merkt aber schnell, dass die Gegenüber herausfinden, wer diese Freundin eigentlich ist, gefährdet sich dadurch selbst. Vorsicht ist in einer gewalttätigen und frauenfeindlichen Welt immer besser und dass weiß natürlich auch Fatima. Doch was wird sie diese Situation noch kosten? Geschrieben wurde das Buch in einer eigenwilligen Form, gebetsartig und songtextartig wird hier das Empfinden des Hauptcharakters Fatima geschildert. Wiederholungen sind immer wieder zu finden, die fast wie ein Refrain klingen. Dennoch ist das Geschriebene recht nüchtern, zündet mich nicht an. Obwohl das Thema dies tut. Denn ein selbstbestimmtes Leben einer Frau, einer queeren Frau mit arabischen Wurzeln ist thematisch natürlich vollkommen meins. Ihr Hadern mit sich ist nachvollziehbar, obwohl natürlich vollkommen unbegründet. Denn wo steht geschrieben, dass queere Menschen ein schlechteres Leben führen? Das Geschenk der Liebe ist das höchste Gut, was ein Mensch dem anderen Menschen schenken kann, die Liebe ist heilig! Wer wagt es an diesem Gebot, an der heiligen Liebe zu rütteln?!

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