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renee

Posted on 24.12.2021

Trauma Eigentlich beinhaltet "Die Harpyie" ein interessantes Thema, ich verbleibe aber nach der Lektüre etwas enttäuscht und zwiegespalten zurück. Eine Frau wird hintergangen und betrogen, reagiert verletzt und will sich rächen. Gut, so sei es also. Doch auch dazu habe ich schon einen ketzerischen Gedanken. Warum sich rächen? Was hat die Frau davon? Genugtuung? Wie das? Die Verletzung wird doch bleiben, wird bestehen. Warum also eine Rache? Macht diese den Sachverhalt des Traumas ungeschehen, ändert die Rache etwas? Die Rache besteht im Verletzen des Mannes. Drastisch. Ja. Aber auch nachvollziehbar. Dennoch bleibt die Frage: Was soll das bringen? Die Frau wird vom Opfer zum Täter. Zur Harpyie. Das wäre eine Veränderung. Aber ist das eine glückliche Veränderung? Dann der Gedanke der Verwandlung zur Harpyie, die Frau wurde schon verletzt, hat also schon eine Leidensgeschichte durch den Vater zu tragen, ist traumatisch gezeichnet. Hat den Wunsch zur Harpyie zu werden, sich zu rächen, sich zu befreien, zu verschwinden aus ihrem grauenerregenden Albtraum. Nachvollziehbar, wie ich finde. Irgendwie ist sie ja auch entkommen, hat ihre eigene Familie. Aber kann man der Vergangenheit entkommen? Ja, kann man. In dem man den eigenen Blick auf die Vergangenheit verändert, die eigene Wertung darin verändert. Aus der Opferspirale entkommt. Dennoch ist das verdammt schwer, braucht gute Psychologen und auch die Bereitschaft der Traumatisierten. Doch sieht man diese hier? in meinen Augen mitnichten. Die mögliche Flucht am Ende, was soll sie symbolisieren, die Verwandlung? Einen Wunsch? Einen Suizid? Für eine Verwandlung erschien mir die Protagonistin zu zerrissen. Doch sollte man sie ihr deswegen verwehren? Oder sollte man ihr nicht eher wünschen aus ihrer Hölle zu entkommen! Das Ende kann sich jeder zurechtreimen wie er möchte, das Traumhafte/Albtraumhafte ermöglicht das. Doch ist der Weg des Suizids nicht zu heftig gewählt, wenn man dies nicht als Geschichte bewertet, sondern eher als Message betrachtet. Denn was sagt das dann aus? Dennoch ist "Die Harpyie" ein eigenartiges und auch verstörendes Buch, von dem ich mir definitiv mehr oder etwas anderes erhofft hatte!

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