Wordworld
Handlung: Mit "Drei Schritte zur dir" habe ich mich mal wieder in ein Genre vorgewagt, das ich lange Zeit eher gemieden habe: Krankheitsgeschichten. Nach wenigen Kapitel war mir dann auch wieder klar, weshalb ich um das Thema in den letzten Jahren nach Büchern wie "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" oder "Du neben mir" eher einen Bogen gemacht habe: sie sind einfach so traurig, dass es schmerzt. Wie andere Bücher dieses Subgenres erzählt auch Rachael Lippincotts Geschichte zum gleichnamigen Film von einer tragischen Liebe, die in der sterilen Umgebung eines Krankenhauses erblüht und auf ein absehbares Ende zusteuert. Dementsprechend flach ist leider auch der Spannungsbogen. Da angesichts der unheilbaren Krankheit der beiden Hauptfiguren keine Rettung in Sicht ist, wartet man die ganze Zeit eigentlich nur in stiller Panik auf das herzzerreißende Ende. Sehr gut gefällt mir an der Handlung hingegen, dass die Autorin, die das Buch auf Basis des Drehbuchs von Mikki Daughtry und Tobias Iaconis geschrieben hat, Stellas und Wills Geschichte zum Anlass nimmt, die LeserInnen über Mukoviszidose, oder auch zystische Fibrose (CF), zu informieren und neben der Darstellung des Krankenhausalltags einige interessante Gedanken über Tod, Liebe, Verantwortung und den Wert des Lebens einfließen lässt. Schreibstil: Rachael Lippincott hat hier die Aufgabe, die schönsten und schwierigsten Abschnitte im Leben nachvollziehbar und lebendig zu vermitteln: Liebe, Freundschaft, Verlust und Tod. Vorurteile gegenüber Büchern, die nach Filmen geschrieben sind, gibt es massenweise, finden sich hier aber nicht bestätigt. Zwar ist die Sprache hier mehr funktionales Mittel, um einen individuellen Film vor den Augen der LeserInnen entstehen zu lassen, als ein poetisches Stilmittel an sich. Dennoch liest sich die Geschichte so rund und mit persönlicher Note der Autorin, dass ich ohne Probleme auch glauben würde, dass der Film auf dem Buch basiert und nicht umgekehrt. Zusammen mit der großen Schrift sorgte der flüssige Schreibstil also dafür, dass ich die Geschichte in wenigen Stunden durchlesen konnte. Figuren: "Drei Schritte zur dir" ist wechselnd aus der Ich-Perspektive der beiden Hauptfiguren Will und Stella geschrieben. Obwohl die beiden uns beim Lesen intensiv an ihren Ängsten, Problemen und Gefühlen teilhaben lassen und mir beide schnell sympathisch waren, wurde ich emotional aber nicht so sehr abgeholt, wie ich das angenommen hatte. Zwar empfand ich ein tiefes Mitgefühl und ab und zu auch ein bisschen Hoffnung für die beiden, insgesamt blieb die emotionale Nähe zu den Figuren trotz des bedrückenden Themas und der von verzweifelt bis hoffnungsvoll schwankenden Atmosphäre aber eher gering. Ob das auf eine emotionale Schutzfunktion zurückzuführen ist, oder ob es am doch recht hohen Erzähltempo und geringem Seitenumfang liegt, kann ich nicht klar sagen. Fakt ist jedoch, dass ich beim Lesen immer nur ein mitfühlender, aber ansonsten eher distanzierter Beobachter blieb und nicht so tief in die Geschichte eingesaugt wurde, wie ich das von anderen Romanen kenne. Ebenfalls kritisieren muss ich, dass mir die Figuren viel jünger vorkamen als die vorgegebenen 17 und 18 Jahre. Bevor das erste Mal eine Altersangabe auftauchte, entwickelte sich in meinem Kopf das Bild zweier 14- oder höchsten 15jährigen Teenagern. Da die beiden recht kindlich wirkten fand ich es auch im späteren Verlauf der Geschichte eher schwierig, sie als beinahe Erwachsene wahrzunehmen. Die Zitate: "Wir brauchen Berührungen von denen, dir wir lieben, fast so sehr wie die Luft zum Atmen." "Behandlungsscheiß?" Ich gehe zwei Schrittchen auf ihn zu. Zwei Meter. Das Limit. "Dieser Behandlungsscheiß hält uns am Leben." Er schnaubt und verdreht die Augen. "Dieser Behandlungsscheiß ist es, der uns davon abhält, da unten zu sein und wirklich zu leben. Das Urteil: Eine tragische und zweifellos gut geschriebene Geschichte über Mukoviszidose, erste Liebe und den Tod, die jedoch sowohl stilistisch als auch emotional hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.