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mabuerele

Posted on 13.12.2021

„...Wann ihr eigener Geburtstag war, wusste Anna Maria nicht. Sie war irgendwann vor sechs Jahren in der Säuglingsklappe des Ospedale della Pieta abgelegt worden...“ Wir schreiben das Jahr 1702. Anna Maria verweilt allein vor der Weihnachtskrippe. Sie wünscht sich Eltern. Die Autorin hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben. Im Mittelpunkt steht Anna Maria, die als Waisenmädchen aufgewachsen und zu einer gefeierten Geigerin gereift ist. Wesentlich Anteil daran hatte Antonio Vivaldi, ihr Lehrer und, um es mal so auszudrücken, väterlicher Freund. Sie ist ihm 1702 an der Krippe das erste Mal egegnet. Der Schriftstil ist sehr ausgereift. Immer wieder wird die Musik in die Beschreibung einbezogen. So liest sich ein Vergleich, den Anna Maria zwischen der Musik und Vivaldi sieht so: „...Die gebundenen Viertel mussten so weich und geschwungen sein wie seine Augenbrauen; die kürzeren Achtel jedoch so gewitzt wie sein schelmischer Blick...“ Schnell stellt sich heraus, dass Anna Maria musikalisch sehr begabt ist. Vivaldi ist Lehrer im Waisenhaus und unterrichtet sie. Mit den Konzerten verdienen die Kinder das Geld, mit dem das Waisenhaus erhalten werden kann. Außerdem werden damit Spenden ermöglicht. Wer nicht musikalisch ist, wird für Handarbeiten und Hauswirtschaft herangezogen. Damit ergibt sich im Waisenhaus schon eine Art Abstufung, die zu Neid und Reibereien führt. Der Privatunterricht von Anna Maria bei Vivaldi und ihr schneller Aufstieg zur Sologeigerin kommen nicht bei allen gut an. Das betrifft neben den Kindern auch die Nonnen, die das Waisenhaus leiten. Vor allem die Mutter Oberin mag Bevorzugungen gar nicht. Schwester Filomina, mit der Anna Maria sehr gut auskommt, mahnt sie: „...Aber es ist wichtig, dass du trotzdem immer demütig bleibst und Mädchen wie Clarissa nicht vor den Kopf stößt, denn deine Begabung werden dir viele neiden...“ Immer wieder klingt an, dass sich das Kind fragt, warum sie im Waisenhaus ist. Haben sie ihre Eltern nicht gewollt? Die Musik gibt ihr Halt und Selbstbewusssein. Als Faustina, ihre beste Freundin, nach einem Unfall den Konzertbereich verlassen muss und in die zweite Abteilung versetzt wird, kommt Delia ins Waisenhaus. Ihre Stiefmutter hat darauf bestanden. Delia stammt aus reichem Haus. Anna Maria lernt von ihr, dass auch bei Begüterten nicht alles Gold ist, was glänzt. Was nützt aller Reichtum, wenn Herzenskälte regiert? Mit der Zeit schreibt Vivaldi zunehmend Stücke für seine Sologeigerin. „...Die Komposition glich einer ausgefallenen Stickerei, in der sich die Farben ineinander verwebten und schließlich das gesamte Werk zum Schillern brachten...“ Als Antonio Vivaldi wegen Unstimmigkeiten mit der Oberin entlassen wird, beginnt für Anna Maria eine harte Zeit. Filomina aber ermöglicht ihr, in Ruhe weiter zu üben. Um das Niveau der Aufführungen zu halten und neue Stücke anbieten zu können, wird Vivaldi zurück geholt. Mittlerweile ist aus Anna Maria eine junge Frau geworden. Wird sie ihr Leben der Musik widmen oder kann ein junger Maler ihr Herz erobern? Die Regel besagen, dass sie nach einer Hochzeit nicht mehr im Orchester spielen darf. Im Nachwort trennt die Autorin Realität von Fiktion. Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, wie hart das Leben für die Kinder im Waisenhaus war. Trotzdem zählten die Zöglinge der Ospedale della Pieta noch zu den Bevorteilten, weil sie durch ihre Ausbildung die Chance hatten, sich ein eigenständiges Leben aufzubauen. Anna Maria ist eine Person der Zeitgeschichte.

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