gachmuret
Nach zunächst vereinzelten Ausfällen an neuralgischen Punkten bei kritischer Infrastruktur wie Kliniken, Flughäfen oder U-Bahnen, sind die europäischen Geheimdienste alarmiert. Anfangs allerdings zeigt man sich insbesondere beim BND nicht bereit, das Undenkbare zu denken: Könnte es einen Feind geben, der in der Lage ist, nach Belieben in die vernetzte Infrastruktur einzudringen und Krankenhäuser, Energieversorger, Verkehr - einfach alles und jeden lahmzulegen? Die Realität beendet dann zügig alles Leugnen, denn genau das geschieht. Wolf Harlander erzählt die Geschichte dieses Blackouts routiniert: Es gibt beim BND den Außenseiter, dem nicht geglaubt wird und natürlich wird zunächst ein Unschuldiger gejagt. Geschickt verknüpft er die Schilderung der mannigfaltigen Auswirkungen des Zusammenbruchs mit den verschiedenen Familienmitgliedern des Protagonisten. Durch ihre sehr unterschiedlichen Perspektiven und Lebensumstände gelingt dabei ein umfassender Rundumblick. IT-Fans werden sicherlich einige Ungereimtheiten und Unstimmigkeiten ausmachen können, aber Harlander zeichnet auf jeden Fall ein überzeugendes Bild davon, wie abhängig unsere moderne Welt von funktionierender Technik ist - und wie angreifbar sie ist, weil eben alles mit allem verbunden ist. Der Spannungsplot ist typisch für das Genre, ich fand die Auflösung etwas plump und wenig überraschend. Dass Harlander aber einen überzeugenden Blick auf die Berührungspunkte von Islamismus und Rechtsextremismus wirft und dabei darstellt, wie schnell beide zusammenarbeiten können, um das gemeinsam verhasste "System" zu destabilisieren, ist jedoch ein echter Gewinn dieses Romans.